Die Wasser-Sheriffs: Unterwegs mit der Wasserschutzpolizei

„Ihre Papiere, bitte“: Kontrollen gibt es auch auf der Wasserstraße. Die Beamten der Wasserschutzpolizei sind dafür zuständig, die Sicherheit auf dem Rhein und seinen Nebenflüssen zu gewährleisten. Dazu gehört, die Fahrtüchtigkeit der Schiffsführer zu überprüfen. Bei der Kontrolle, die auf unserem Foto zu sehen ist, gab es nichts zu beanstanden.
„Ihre Papiere, bitte“: Kontrollen gibt es auch auf der Wasserstraße. Die Beamten der Wasserschutzpolizei sind dafür zuständig, die Sicherheit auf dem Rhein und seinen Nebenflüssen zu gewährleisten. Dazu gehört, die Fahrtüchtigkeit der Schiffsführer zu überprüfen. Bei der Kontrolle, die auf unserem Foto zu sehen ist, gab es nichts zu beanstanden. Foto: Marie Brockers

Sportboote, Flusskreuzfahrtschiffe, Frachter: Auf dem Rhein herrscht viel Verkehr. Immer wieder kommt es auch zu spektakulären Unfällen – meistens dann, wenn Alkohol im Spiel ist. Wir waren unterwegs mit der Wasserschutzpolizei.

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Von unserem Journal-Chef Michael Defrancesco

15. Januar 2015: Ein mit Gefahrgut beladenes Containerschiff verunglückt am frühen Donnerstagmorgen auf dem Rhein bei St. Goar. Der Kapitän des Containerschiffs hat ordentlich getankt: Ein Atemalkoholtest ergibt einen Wert von 1,58 Promille.

19. Juni, im selben Jahr: Der Kapitän der „MS Asbach“ der Köln-Düsseldorfer versucht, in Boppard anzulegen. Im ersten Anlauf fährt er vorbei und kracht mit dem Bug gegen den nächsten Steiger. Dann fährt die „Asbach“ auf ein weiteres Fahrgastschiff zu, das am nächsten Steiger liegt. Der Kapitän reagiert: voller Schub zurück. Das Heck des Schiffs stößt nun gegen die Uferbefestigung. Das Schiff fährt sich frei, das Anlegemanöver gelingt. Der Kapitän hat 1,1 Promille Alkohol im Blut und wird von seinem Arbeitgeber Wochen später entlassen.

Spektakulär sind diese Fälle, sie sorgen für Aufsehen. Ist Alkohol am Ruder ein Problem auf dem Rhein? Wie steht es um die Sicherheit der Wasserstraßen in unserer Region?

Ralf Schwarz, Christian Michel und Frank Reinhard sind die drei Wasser-Sheriffs von der „15“. So heißt ihr Boot – und die drei Beamten der Wasserschutzpolizei legen gerade von ihrer Dienststelle in Koblenz ab. Kein Arbeitstag im Büro, sondern Stunden auf dem Wasser stehen für sie auf dem Programm. Ihr Auftrag: für Sicherheit auf Rhein und Mosel zu sorgen. Konkret überwachen die Koblenzer den Rhein zwischen Osterspai und Bendorf, die Mosel von Koblenz bis Winningen und die Lahn bis Diez.

„Vor allen Dingen in den Sommermonaten haben wir unglaublich viel Verkehr“, sagt Ralf Schwarz, der Dienstälteste der Patrouille, während die „15“ am Deutschen Eck vorbeifährt. Jachten, Jetskis, Jetbikes, Schwimmer, Frachtschiffe, Kabinenschiffe, Tagesausflugsschiffe – alles schwimmt nebeneinander. Profi- und Freizeitkapitäne teilen sich den Platz – es geht auf der Wasserstraße nicht anders zu als auf der asphaltierten Straße an Land.

Ist das Thema Alkohol ein großes Thema für die Beamten? Die drei von der „15“ schütteln den Kopf und legen Zahlen vor: Im vergangenen Jahr kontrollierten die Beamten der Wasserschutzpolizei Koblenz rund 700 Schiffe der Großschifffahrt und rund 1200 Sportboote. Elfmal gab es einen Anfangsverdacht auf Alkohol, drei Blutproben wurden genommen. „Die Fälle, in denen Kapitäne angetrunken waren, gehen durch die Medien und bleiben deshalb in Erinnerung“, sagt Ralf Schwarz. „Aber das ist zum Glück nicht die Regel.“

Wie viel darf ein Kapitän trinken? Die durch die aktuelle Rechtsprechung festgelegten Promillegrenzen gelten auch für die Schifffahrt. Das heißt: Hat der Kapitän 0,5 bis 1,09 Promille und zeigt er keine Ausfallerscheinungen, hat er eine Ordnungswidrigkeit begangen. Ab 1,1 Promille herrscht absolute Fahruntüchtigkeit, und es liegt ein Vergehenstatbestand vor. Zeigt der Kapitän bei einem Alkoholgehalt zwischen 0,3 Promille und 1,09 Promille alkoholbedingte Ausfallerscheinungen, ist er relativ fahruntüchtig, was ebenfalls ein Vergehenstatbestand ist.

„Wir fahren täglich mit unseren Booten raus und kontrollieren die Schiffsführer“, sagt Ralf Schwarz. Die „15“ ist in die Mosel eingebogen und nähert sich der ersten Schleuse. Oberhalb der Schleuse ist ein Dorado für Sportbootfahrer – diese sollen heute kontrolliert werden. Das Prinzip ist nicht anders als auf der Straße: Jeder Bootsführer muss seine Papiere dabeihaben und vorzeigen. Jedes Sportboot hat auch ein Kennzeichen, das überprüft werden kann.

Über Funkkanal 10 nehmen die Beamten Kontakt zu einem Sportboot auf – langsam nähert es sich und geht längsseits. „Die Papiere bitte!“ Der junge Mann am Ruder kramt nach den Unterlagen und reicht sie den Polizisten hinüber auf die „15“. Sie werfen einen Blick darauf, nicken. Alles in bester Ordnung, auch Alkohol spielt heute keine Rolle. Man wechselt ein paar freundliche Worte, dann gibt das Sportboot Gas und schippert weiter in Richtung Winningen.

Wenn die Beamten die Vermutung haben, dass der Schiffsführer zu viel getrunken hat, dann wird zuerst auf freiwilliger Basis ein Alkoholtest durchgeführt. Je nach Ergebnis wird dann eine Blutprobe angeordnet. „Wenn ein Schiffsführer nicht mehr in der Lage ist weiterzufahren, dann muss er an Ort und Stelle Anker werfen“, sagt Ralf Schwarz. Weiterer Ärger ist möglich: Das Schiffspatent kann entzogen werden, es drohen Geld- und Freiheitsstrafen. Festgelegt werden diese durch die betreffende Bußgeldstelle, wenn es im Bereich der Ordnungswidrigkeit bleibt. Bei Vergehenstatbeständen wird die Staatsanwaltschaft eingeschaltet.

Das eben kontrollierte Sportboot hat inzwischen Tempo aufgenommen und braust über die Mosel. Geschwindigkeitskontrollen werden ebenfalls von der Wasserschutzpolizei gemacht. Auf der Mosel dürfen die Sportboote 60 km/h fahren – aber nur unter der Bedingung, dass kein Verkehr herrscht. Ansonsten ist nur noch halbe Kraft erlaubt: 30 km/h. Rund um die Marinas gilt sogar eine Beschränkung auf 10 km/h – zu groß ist die Gefahr, dass hier Schwimmer im Wasser sind, die man übersehen könnte.

Die „15“ ist dank ihrer zwei Schiffsschrauben ein wendiges und auch sehr schnelles Boot. Dennoch würde die Wasserschutzpolizei ein Rennen gegen ein hochmotorisiertes Sportboot verlieren. „Aber am Ende gewinnen wir doch“, sagen die Beamten schmunzelnd, „denn wir können den Halter des Bootes ausfindig machen und melden uns dann an Land bei ihm.“ Und dann gibt es ja noch weitere Patrouillenboote, die rasch zur Verstärkung gerufen werden und die dem Flüchtenden den Weg abschneiden können.

Heute ist aber keine Hochgeschwindigkeit angesagt, im Gegenteil. Alles ist ruhig, und die „15“ dreht wieder in Richtung Koblenz. Hinter einem Frachtschiff geht es in die Schleuse, gemeinsam fährt man den Aufzug nach unten. Vorbei geht es an diversen Kabinenschiffen, die an der Koblenzer Moselseite liegen. Auch für diese Flusskreuzer sind die Beamten zuständig. Sie sind beispielsweise zur Stelle, wenn in eine der Hotelkabinen eingebrochen wurde.

Ein wichtiger Teil ihrer Arbeit ist auch die Kontrolle, ob die Sozialvorschriften bei den Berufsschiffern eingehalten werden: Ruhezeiten, technische Ausrüstung und ausreichende Zahl von Besatzungsmitgliedern. 150 Verstöße stellten die Koblenzer Beamten im vergangenen Jahr fest – alle kamen zur Anzeige.

So wie es bei den Lastwagenfahrern Ruhezeiten gibt, so gibt es diese auch für Kapitäne. Dabei wird unterschieden, ob es sich um eine Fahrt von bis zu 14 Stunden handelt (sie hat das Kürzel A1), eine Fahrt bis zu 18 Stunden (A2) oder eine Fahrt bis zu 24 Stunden (B) – jeweils innerhalb eines Zeitraums von 24 Stunden. Ob die Ruhezeiten eingehalten werden, können die Beamten anhand des Fahrtenschreibers kontrollieren.

Drogentests, Schlägereien auf einem Schiff, Sachbeschädigung, Umweltsünden, Havarien und Badeunfälle – langweilig wird es den Beamten der Wasserschutzpolizei nicht. Und dann gibt es auch noch Großveranstaltungen wie Rhein in Flammen, die gesichert werden müssen. „Wir mögen unseren Beruf sehr gern“, sagen alle drei Wasser-Sheriffs übereinstimmend, auch wenn sie hin und wieder an ihre Grenzen kommen. „Wenn wir mit Wasserleichen zu tun haben, geht uns das schon sehr nahe“, sagt Ralf Schwarz.

Die Patrouille nähert sich dem Ende, die „15“ hat ihr Ziel schon vor Augen. Da schippert eine kleine Jacht mit Namen „Caipirinha“ auf das Boot der Beamten zu. Ob hier Nomen omen est? „Das bekommen wir raus“, sagen die drei und greifen nach dem Funkgerät. Kanal 10 – „Wasserschutzpolizei für ,Caipirinha', bitte kommen.“

Ralf Schwarz, Christian Michel und Frank Reinhard sind mit der „15“ unterwegs.
Ralf Schwarz, Christian Michel und Frank Reinhard sind mit der „15“ unterwegs.
Foto: Marie Brockers

Wissenswertes

Die Wasserschutzpolizei Rheinland-Pfalz hat ihren Sitz in Mainz, Stationen gibt es in Germersheim, Ludwigshafen, Mainz, Bingen, St. Goar, Koblenz, Andernach, Trier, Bernkastel und Cochem. Wer zur Wasserschutzpolizei gehen möchte, studiert zunächst an der Hochschule der Polizei Rheinland-Pfalz und arbeitet bei der Bereitschaftspolizei. Dann kann man sich für eine Übernahme zur Wasserschutzpolizei bewerben. Für die Wasserschutzpolizeianwärter heißt es dann wieder: Schulbank drücken. Sie müssen noch eine weitere zweijährige Sonderausbildung absolvieren. Dazu gehört eine praktische Ausbildung an Bord, ein Fachlehrgang Binnenschifffahrt oder das Bootsführerzeugnis. Nach Abschluss der Ausbildung kommen verschiedene Fortbildungsmöglichkeiten an der WSP-Schule in Hamburg hinzu.