James Comeys bizarre Treffen mit Trump

Telefonat mit Putin
US-Präsident Donald Trump telefoniert im Januar im Oval Office mit Russlands Präsident Wladimir Putin. Foto: Andrew Harnik

Drei persönliche Begegnungen mit Donald Trump, sechs Telefonate – vor dem US-Senat dokumentiert der gefeuerte FBI-Direktor James Comey, wie der US-Präsident versuchte, ihn auf Kurs zu bringen. Wir dokumentieren die wichtigsten Passagen:

Lesezeit: 6 Minuten
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Trump-Tower, New York, Briefing, 6. Januar 2017

Telefonat mit Putin
US-Präsident Donald Trump telefoniert im Januar im Oval Office mit Russlands Präsident Wladimir Putin.
Foto: Andrew Harnik

Der gewählte Präsident steht von Anfang an in Verdacht, im Wahlkampf russische Hilfe erhalten zu haben. Die Sicherheitsbehörden zeigten in einem Bericht mit dem Finger nach Moskau. Comey gehört als Chef der Spionage-Abwehr zu einer Delegation, die den künftigen Präsidenten in dessen Wolkenkratzer in Manhattan über den Stand der Erkenntnisse informiert.

James Comey
Der ehemalige FBI-Direktor James Comey belastet den US-Präsidenten mit seiner Aussage schwer.
Foto: Carolyn Kaster

„Ich traf den gewählten Präsidenten das erste Mal am 6. Januar in einem Konferenzraum im Trump Tower in New York. Zusammen mit anderen Geheimdienstchefs habe ich ihn und sein nationales Sicherheitsteam über die Ermittlungsergebnisse zur russischen Einflussnahme auf die Wahl informiert. Am Ende der Unterrichtung blieb ich allein mit dem designierten Präsidenten zurück, um ihn über sensible Informationen zu briefen, die ihn persönlich betreffen.“

Comeys Vereidigung
Robert Mueller nimmt am 28. Oktober 2013 in Washington an der Vereidigung des damaligen FBI-Direktors Comey teil – jetzt ermittelt er wegen dessen Entlassung.
Foto: Alex Wong

Comey sagt, er habe Trump aus der Situation heraus versichert, dass gegen ihn persönlich zu diesem Zeitpunkt nicht ermittelt werde. Dennoch habe er sich veranlasst gesehen, das Gespräch in einem Erinnerungsprotokoll festzuhalten.

Christopher Wray
Wray arbeitet derzeit als Anwalt in Washington DC. Er war unter George W. Bush einige Jahre für das Justizministerium tätig.
Foto: Lawrence Jackson/Archiv

„Das Anfertigen von schriftlichen Memos nach Vieraugengesprächen mit Herrn Trump gehörte von diesem Zeitpunkt an zu meiner Vorgehensweise. Das hatte ich in der Vergangenheit nicht so gemacht. Ich habe zweimal persönlich allein mit Präsident Obama gesprochen (und nie telefonisch). Beide Male habe ich keine Dokumente über die Gespräche angefertigt.“

Donald Trump
US-Präsident Donald Trump im East Room des Weißen Hauses in Washington.
Foto: Carolyn Kaster

Weißes Haus, Washington, Dinner, 27. Januar 2017

Michael Flynn
Michael Flynn war als Sicherheitsberater zurückgetreten, weil er noch vor Trumps Amtsantritt mit dem russischen Botschafter Gespräche über Sanktionen geführt und dies verheimlicht hatte.
Foto: Michael

Comey beschreibt, wie er eine Woche nach der Amtseinführung eine unverdächtige Einladung zu einem Abendessen erhält, die dann zu einem denkwürdigen Privatissimum im „Green Room“ des Weißen Hauses gerät. Statt einem Dinner in großer Runde findet er sich allein mit dem Präsidenten wieder.

Entlassungsschreiben
Das Entlassungsschreiben von US-Präsident Trump an FBI-Direktor James Comey hat ein gewaltiges Nachspiel.
Foto: Jon Elswick

„Es stellte sich heraus, dass nur wir beide da waren, wir saßen an einem kleinen ovalen Tisch. Der Präsident eröffnete das Gespräch mit der Frage, ob ich FBI-Chef bleiben wolle. Das fand ich merkwürdig, weil er zuvor zweimal gesagt hatte, er hoffe, ich würde bleiben. Ich hatte ihm dies versichert. Er sagte, eine Menge Leute wollten meinen Job.“

Comey verstand, dass der Rahmen nicht zufällig gewählt war. Es ging um seinen Job. Trump habe den Eindruck vermittelt, er wolle den FBI-Direktor um den Verbleib ausdrücklich bitten lassen.

„Er versuchte eine Art Abhängigkeitsverhältnis zu schaffen. Angesichts der Unabhängigkeit des FBI in der Exekutive beunruhigte mich das zutiefst. Ich sagte, ich sei nicht ,verlässlich' wie Politiker das Wort benutzten, aber er könne immer darauf zählen, dass ich ehrlich bin. Eine Haltung, die ich im besten Interesse des Präsidenten wähnte.“

Trump gab sich mit der Antwort nicht zufrieden. Comey beschreibt, wie der Präsident versuchte, einen Treueeid zu bekommen:

„Kurz darauf sagte der Präsident ,Ich brauche Loyalität, ich erwarte Loyalität.' Während der merkwürdigen Stille, die daraufhin entstand, habe ich mich weder bewegt, gesprochen noch meinen Gesichtsausdruck verändert. Wir haben uns einfach angesehen.“

Am Ende des Abendessens sei der Präsident noch mal auf den Posten zurückgekommen und habe einmal mehr Ergebenheit verlangt.

„Ich erwiderte: ,Sie werden immer Ehrlichkeit von mir bekommen.' Er machte eine Pause und sagte dann: ,Das ist, was ich will, ehrliche Loyalität.' Ich pausierte und sagte dann: ,Das werden Sie von mir bekommen.' Es ist möglich, dass wir unter dem Begriff ,ehrliche Loyalität' etwas Unterschiedliches verstehen.“

Weißes Haus, Oval Office, Vieraugengespräch, 14. Februar 2017

Comey war am 14. Februar bei einem Anti-Terror-Briefing im Oval Office. Anschließend forderte Trump alle Anwesenden bis auf den FBI-Direktor auf, den Raum zu verlassen. Trump musste Justizminister Jeff Sessions ein zweites Mal auffordern zu gehen. Dann war der Präsident wieder allein mit Comey.

„Als sich die Tür bei der Standuhr schloss und wir allein waren, sagte der Präsident: ,Ich möchte über Mike Flynn sprechen', der am Vortag zurückgetreten war. Flynn habe nichts Falsches gemacht, als er mit den Russen sprach. Er habe gehen müssen, weil er den Vizepräsidenten in die Irre geführt habe. Flynn sei ein guter Kerl und habe manches durchgemacht. Es gebe mancherlei andere Bedenken hinsichtlich Flynns, die er aber nicht ausführte.“

Dann kam Trump zu seinem Anliegen, die Ermittlungen gegen seinen gefeuerten Nationalen Sicherheitsberater wegen der Russland-Affäre einzustellen.

„Der Präsident sagte: ,Ich hoffe, Sie sehen einen Weg, das fallen zu lassen, von Flynn abzulassen. Er ist ein guter Kerl. Ich hoffe, Sie können das fallen lassen.' Ich habe lediglich erwidert, dass er ein guter Kerl ist. Ich habe nicht gesagt, dass wir ,das fallen lassen'.“

Comey stellt dann klar, dass es Trump in dieser Situation ausdrücklich um Flynn, nicht um die Ermittlungen insgesamt ging.

„Nach meinem Verständnis hat der Präsident gefordert, dass wir alle Ermittlungen einstellen, die mit Falschaussagen in Bezug auf Gespräche mit dem russischen Botschafter im Dezember zu tun haben. Ich habe es nicht so verstanden, dass der Präsident über die Ermittlungen wegen möglicher Verbindungen seines Teams zu Russland insgesamt sprach. Wie auch immer, es war angesichts der unabhängig ermittelnden Rolle des FBI sehr beunruhigend.“

Telefonat mit Donald Trump, 30. März 2017

Seit dem Vieraugengespräch am Valentinstag waren vier Monate vergangen. Der Präsident gerät nach dem Auftritt Comeys vor dem Kongress massiv unter Druck. Der FBI-Direktor hatte dort bestätigt, dass gegen Angehörige des Wahlkampfteams Trump ermittelt wird. Donald Trump greift zum Telefonhörer, um sich bei Comey zu beschweren.

„Am Morgen des 30. März rief der Präsident mich an. Er beschrieb die Russland-Ermittlungen als eine Wolke über ihm, die ihn beeinträchtige, zum Wohl des Landes zu agieren. Er sagte, er habe mit Russland nichts zu tun, habe nichts mit russischen Prostituierten zu schaffen gehabt und sei immer davon ausgegangen, abgehört zu werden, wenn er in Russland ist. Er fragte mich, was wir tun könnten, um die ,Wolke' wegzuschieben.“ Trump gibt zu erkennen, dass er sich allein um seine Haut sorgt. Seine Mitarbeiter gibt er gegenüber Comey zum Abschuss frei. Der FBI-Direktor soll ihn öffentlich reinwaschen.

„Der Präsident sagte, wenn es einige entfernte Verbündete unter seinen Mitarbeitern gebe, die Dreck am Stecken hätten, sei es gut, das herauszufinden, aber er habe nichts Falsches getan und hoffe, ich fände einen Weg, öffentlich zu machen, dass wir nicht gegen ihn ermittelten.“

Telefonat mit Donald Trump, 11. April 2017

Wegen an die Presse durchgestochener Details in der Russland-Affäre lässt der Druck auf Trump nicht nach. Der Präsident ist unzufrieden mit Comey und meldet sich ein weiteres Mal am Telefon.

„Am Morgen des 11. April rief der Präsident mich an und fragte, was ich getan hätte, öffentlich zu machen, dass gegen ihn persönlich nicht ermittelt werde. Ich erwiderte, ich habe seine Bitte zum Generalbundesanwalt weitergeleitet, aber seither nichts weiter gehört. Er entgegnete, ,die Wolke' über ihm hindere ihn daran, seinen Job zu machen.“

Weil sich Comey nicht bewegt, greift der Präsident zu einem Druckmittel. Er erinnert ihn an das Abendessen im Januar im Oval Office.

„Er sagte, ,Ich war sehr loyal zu Ihnen, sehr loyal, wir hatten da diese Sache, Sie wissen schon.' Ich antwortete nicht und fragte nicht, was ,diese Sache' sei. Ich sagte, der einzige Weg, damit umzugehen, sei der Weg über den Justiziar des Weißen Hauses und den amtierenden Vize-Generalbundesanwalt. Er sagte, genauso werde er es tun, und beendete das Gespräch. Das war das letzte Mal, dass ich mit Präsident Trump gesprochen habe.“ Thomas Spang