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Fahrverbot? So machen es die anderen

Europäische Metropolen wie Paris, Rom und Madrid kämpfen schon seit Jahren hartnäckig gegen Luftverschmutzung durch Autoabgase. In Paris soll das historische Zentrum sogar komplett in einen Fußgängerbereich umgewandelt werden.
Europäische Metropolen wie Paris, Rom und Madrid kämpfen schon seit Jahren hartnäckig gegen Luftverschmutzung durch Autoabgase. In Paris soll das historische Zentrum sogar komplett in einen Fußgängerbereich umgewandelt werden. Foto: Mapics - stock.a

Wenn sich der Smog wie eine Dunstglocke über die Stadt legt, steigen die Gefahren für die Gesundheit der Bewohner. Deshalb sperren viele Städte Abgassünder im Straßenverkehr aus. In vielen europäischen Metropolen sind die Regeln sogar strikter als in Deutschland. Dort wird schon seit Jahren hartnäckig gegen Luftverschmutzung gekämpft – mit sehr weitgehenden Fahrverboten. Wir erklären, zu welchen Mitteln Großstädte im Ausland greifen.

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Paris: In der französischen Hauptstadt sind die Regelungen im Kampf gegen Abgase sehr streng. Schadstoffplaketten für Autos sind Pflicht. Dieselautos mit Erstzulassung vor 2001 und Benziner mit Baujahr vor 1997 dürfen in der Woche tagsüber nicht mehr überall fahren. Ab Mitte 2019 wird es noch strikter: Dann dürfen die alten Autos gar nicht mehr im Großraum Paris fahren. Konkret geht es um das Gebiet, das von der Autoroute 86 eingeschlossen ist. Der äußere Autobahnring umschließt die Stadt und den Kranz etlicher Vororte.

Paris schafft zudem vor der Stadt große Parkplätze, um die Menschen zu animieren, mit öffentlichen Verkehrsmitteln in die Stadt zu fahren. Auf längere Sicht gehen die Pläne von Bürgermeisterin Anne Hidalgo noch weiter: Das historische Zentrum der Hauptstadt soll in einen Fußgängerbereich umgewandelt werden. „Der Vorschlag kommt von Bewohnern, ausgehend von einer Vision, die wir teilen“, sagte die sozialistische Politikerin. Der Plan betrifft die ersten vier Arrondissements der Metropole. In diesen Bezirken liegen berühmte Touristenattraktionen wie die Kathedrale Notre-Dame, das Louvre-Museum, das Centre Pompidou oder die malerischen Seine-Inseln Île de la Cité und Île Saint Louis. In einem ersten Schritt sollen diese zentralen Arrondissements, in denen auch viele Bürogebäude liegen, ab 2019 an Sonntagen für den Autoverkehr gesperrt werden.

Hidalgos Verkehrspolitik ist seit Langem auf das Zurückdrängen des Autoverkehrs aus der chronisch verstopften Metropole ausgerichtet. Mit der Umwandlung von Uferstraßen an der Seine in Fuß- und Radfahrerwege an der Seine handelte sich die Sozialistin auch Ärger vor Gericht ein.

Europäische Metropolen wie Paris, Rom und Madrid kämpfen schon seit Jahren hartnäckig gegen Luftverschmutzung durch Autoabgase. In Paris soll das historische Zentrum sogar komplett in einen Fußgängerbereich umgewandelt werden.
Europäische Metropolen wie Paris, Rom und Madrid kämpfen schon seit Jahren hartnäckig gegen Luftverschmutzung durch Autoabgase. In Paris soll das historische Zentrum sogar komplett in einen Fußgängerbereich umgewandelt werden.
Foto: sborisov – stock

Rom: Was Fahrten in die Stadtzentren angeht, gibt es in Italien klare Regeln. In Rom zum Beispiel braucht es dafür eine Genehmigung, die nur Anwohner bekommen können und die sie kaufen müssen. Aber auch in anderen Teilen des Landes gelten strenge Vorschriften: Norditalien hat alten Dieselautos in der kalten Jahreshälfte den Kampf angesagt. Seit Oktober bis Ende März gelten im Vergleich zu anderen Wintern verschärfte Fahrverbote im Piemont, der Lombardei, in Venetien und Emilia-Romagna. Auch wenn kein Schadstoffalarm besteht, müssen Altfahrzeuge der Schadstoffklasse Euro 3 und älter an Werktagen tagsüber in der Garage bleiben. Durch die Ausweitung der Fahrverbote sind in diesem Winter nach Schätzungen der Wirtschaftszeitung „Il Sole 24 Ore“ 1,1 Millionen Autos mehr betroffen. Die meisten italienischen Städte wie Bologna, Bozen, Genua, Mailand, Rom, Triest, Turin oder Verona haben Kameras installiert, um alle Autos zu erfassen, die in eine „Zona traffico limitato“ einfahren. Verstöße werden richtig teuer.

Brüssel: Die belgische Metropole hat einen mehrjährigen Plan aufgestellt, um die Luftqualität langfristig zu verbessern. Seit Anfang des Jahres gilt für sehr alte Diesel mit der Schadstoffklasse Euro 1 – oder ganz ohne Euronorm – im Großraum Brüssel ein Fahrverbot. Bis 2025 sollen die Regeln von Jahr zu Jahr verschärft werden. Ab 2022 sind den Plänen der Stadt zufolge auch Diesel mit Schadstoffnorm 4 verboten. Von 2025 an sollen nur noch Dieselautos mit der Euronorm 6 in der belgischen Hauptstadt fahren dürfen.

Um die Einhaltung der Verbote kontrollieren zu können, hat die Stadt zahlreiche Kameras installiert. Seit Oktober sind 350 Euro Strafgebühr fällig, wenn man innerhalb der Zone mit einem verbotenen Diesel erwischt wird. Jeder hat jedoch an maximal acht Tagen pro Jahr die Möglichkeit, sich vom Fahrverbot freizukaufen: Mit einem Tagespass zum Preis von 35 Euro dürfen die Brüsseler ausnahmsweise auch mit ihren eigentlich verbotenen Autos in die Stadt fahren.

Oslo: Schon seit Anfang der 1990er-Jahre fördert die Politik die E-Mobilität in Norwegen. Mehrwert- und Kfz-Steuer für Elektroautos wurden abgeschafft. Mautgebühren entfallen. Geld dafür ist da, allein schon durch den Staatsfonds, der durch Öl- und Gasverkäufe inzwischen auf 840 Milliarden Euro angewachsen ist. Zudem subventionieren Benzin- und Dieselfahrer die E-Autos mit, denn die Steuern auf fossile Brennstoffe steigen stetig, sonstige Gebühren für sie zur Nutzung von Straßen und Fähren ebenfalls. Zu einem sprunghaften Anstieg der Verkäufe hat aber vor allem eine andere Maßnahme geführt: E-Fahrzeuge dürfen die Busspur nutzen. Für alle Berufspendler, die bisher vor allem morgens in Richtung Oslo und abends in Gegenrichtung unterwegs waren, ein überzeugendes Argument. Fast die Hälfte aller neu zugelassenen Fahrzeuge in Norwegen ist inzwischen elektrisch. Die Nachfrage nach E-Autos ist so hoch, dass die Autobauer nicht mit der Produktion nachkommen. Für das Modell EQC von Mercedes, einen elektrisch betriebenen SUV, haben sich vergangenen Herbst innerhalb einer Stunde 1000 Menschen auf die Warteliste setzen lassen und dafür umgerechnet etwa 2000 Euro gezahlt. Ohne zu wissen, wie viel das Auto letztlich kosten wird – geschweige denn, wann sie ihren EQC von 2019 an bekommen werden. Fest steht: Bis 2025 soll kein Neuwagen in Norwegen mehr mit fossilen Brennstoffen laufen. Darüber hinaus macht die Stadt Oslo, die im Winter häufiger von Abgaswolken eingenebelt wird, das Fahren von Dieselautos besonders unattraktiv. Wird die Luft dick, müssen sie draußen bleiben. Schon jetzt sind die Mautgebühren für Benziner und Diesel ziemlich hoch, ab März gibt es in der Stadt 84 solcher Stationen. Auch das Parken im Zen-trum wird immer schwieriger und teurer. Die Innenstadt soll in knapp einem Jahr komplett autofrei sein. Im nächsten Schritt werden die Kreuzfahrtschiffe gedrängt, auf Strom umzustellen.

Kopenhagen: 3000 Dänen sterben Schätzungen zufolge jedes Jahr aufgrund von Luftverschmutzung frühzeitig. Daher will der Kopenhagener Bürgermeister Frank Jensen, dass ab nächstem Jahr keiner in der Stadt einen neuen Dieselwagen kauft, denn in der Umweltzone darf er damit nicht mehr fahren. Nur ältere Autos, die vor dem 1. Januar 2019 angemeldet wurden, sollen erlaubt sein. Ab 2030 soll der Verkauf von Dieselfahrzeugen in Dänemark ganz verboten werden, so die Pläne der dänischen Regierung. Unabhängig davon gibt es in Kopenhagen fünfmal mehr Fahrräder als Autos. Alle Kopenhagener zusammen radeln täglich 1,4 Millionen Kilometer – über 400 Kilometer Radwege.

Stockholm: In Schwedens Hauptstadt gibt es Pläne, im Stadtzentrum ab 2020 Umweltzonen einzuführen, in denen der Verkehr bei hoher Abgasbelastung reguliert werden kann. Noch ist aber nicht beschlossen, wie diese Regulierung aussehen soll. Den Bewohnern von Stockholm wurde schon mal präventiv abgeraten, ein Dieselfahrzeug anzuschaffen.

Europäische Metropolen wie Paris, Rom und Madrid kämpfen schon seit Jahren hartnäckig gegen Luftverschmutzung durch Autoabgase. In Paris soll das historische Zentrum sogar komplett in einen Fußgängerbereich umgewandelt werden.
Europäische Metropolen wie Paris, Rom und Madrid kämpfen schon seit Jahren hartnäckig gegen Luftverschmutzung durch Autoabgase. In Paris soll das historische Zentrum sogar komplett in einen Fußgängerbereich umgewandelt werden.
Foto: beatrice prève

Madrid: In der spanischen Hauptstadt wurde wegen hoher Luftverschmutzung erstmals am 28. Dezember 2016 ein Fahrverbot für bestimmte Fahrzeuge verhängt: Damals durften innerhalb des Autobahnrings M-30 nur Autos und Lkw mit geradem Kfz-Kennzeichen fahren, nachdem sich über Madrid eine Dunstglocke gebildet hatte. Die Stadtregierung will nun noch weiter gehen: Schon in den nächsten Monaten werden Fahrzeuge, die nicht einem direkten Anwohner gehören, aus dem Stadtzen-trum verbannt – und zwar nicht nur in den engen Gassen der Innenstadt, sondern etwa auch auf der wichtigen Verkehrsachse Gran Vía. Überhaupt wird die ganze Stadt radikal umgebaut, auf zuvor mehrspurigen Straßen führt demnächst nur noch eine Fahrspur in jede Richtung. Erlaubt sind dann überhaupt nur noch Taxis, Busse, Lieferwagen und Autos mit Elektroantrieb.

Barcelona: In der Mittelmeermetropole müssen seit 1. Dezember 2017 Dieselautos mit Erstzulassung vor 2006 und Benziner mit Erstzulassung vor 2000 an den Tagen stehen bleiben, an denen die Grenzwerte für Stickoxide deutlich überschritten werden. Das passiert in Barcelona – wie auch in Madrid – bisher an höchstens drei Tagen pro Jahr. Ab 2020 sollen ältere Fahrzeuge (nach Schätzung der Stadt sind das knapp 120.000 oder 17 Prozent aller Autos) völlig aus dem zentralen Stadtbereich verbannt werden.

Athen: In der griechischen 3,8-Millionen-Metropole gilt seit Jahrzehnten ein „rotierendes“ Fahrverbot: An geraden Tagen dürfen im Stadtzentrum nur Autos mit einer geraden und an ungeraden Tagen solche mit ungerader Autonummer fahren. Ausgenommen davon sind Taxis und Lieferwagen. Der sogenannte Ring ist 1981 eingeführt worden. An Tagen, an denen die Luftverschmutzung die Alarmwerte erreicht, wird der Fahrverbotsring vergrößert und auch auf Taxis erweitert. Bei einem Verstoß sind 200 Euro Strafe fällig.

London: Die „Congestion-Charge“ (Staugebühr) gilt in der Woche von 7 bis 18 Uhr für alle Fahrzeuge. Sie beträgt 11,50 Britische Pfund (etwa 13 Euro) pro Tag. Überwacht wird die Maut mittels automatischer Nummernschilderkennung per Videokameras. Eine ähnliche Maut fällt für die Themse-Überquerung in Dartford östlich von London an. Wird die Gebühr nicht rechtzeitig entrichtet, drohen saftige Mahngebühren – auch für Fahrzeughalter aus dem europäischen Ausland. Die sogenannte T-Charge fällt nur für Diesel- und Benzinfahrzeuge an, die nicht mindestens dem Standard Euro 4 entsprechen. Für Kleinfahrzeuge reicht der Standard Euro 3. Die „T-Charge“ beträgt 10 Pfund (etwa 11,20 Euro) und muss zusätzlich zur „Congestion-Charge“ gezahlt werden. Die „Low Emission Zone“ gilt für den gesamten Großraum London. Wer mit schweren Dieselfahrzeugen unterwegs ist, die einem bestimmten Standard nicht entsprechen, muss eine Gebühr bezahlen – zwischen 100 und 200 Pfund (112 bis 224 Euro). Von April 2019 an gilt in der Londoner Innenstadt zusätzlich eine „Ultra Low Emission Zone“. Dieselautos müssen mindestens dem Standard Euro 6 entsprechen, für Benziner gilt der Standard Euro 4. Sonst fällt eine Tagesgebühr von 12,50 Pfund (14 Euro) an. Wer nicht rechtzeitig zahlt, muss eine Strafe von 130 Pfund (145 Euro) zahlen.