Wen trifft die Erderwärmung besonders?

Die kleinen Inselstaaten hatten es aus Sorge um den Meeresspiegelanstieg gefordert: Die Erderwärmung sollte nicht nur auf deutlich unter 2 Grad begrenzt werden, sondern möglichst auf 1,5 Grad. So wurden die Ziele dann 2015 im Abkommen von Paris aufgeschrieben. Der Weltklimarat macht in einem Sonderreport nun klar: Das Erreichen des 1,5-Grad-Ziels käme weit mehr Ländern zugute.

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Was sind die Kernaussagen des 1,5-Grad-Reports?

Sie lassen sich in vier Punkten zusammenfassen. Erstens: Es ist immer noch möglich, die Erderwärmung auf 1,5 Grad zu beschränken. Zweitens: Dafür muss die Weltgemeinschaft aber sehr schnell und entschieden an einem Strang ziehen und den Ausstoß von Treibhausgasen drastisch nach unten fahren. Drittens: Eine Erwärmung um 1,5 Grad hat bereits dramatische Folgen für das Wetter, den Meeresspiegel, die Artenvielfalt, die Ernten und die Wasserversorgung in vielen Regionen. Viertens: Das Ziel zu erreichen, lohnt sich – denn bei 2 Grad oder mehr käme es noch sehr viel schlimmer.

Ist der weltweite Klimaschutz auf dem richtigen Weg?

Obwohl das Pariser Klimaschutzabkommen ein historischer Meilenstein ist, reicht es bisher bei Weitem nicht. Selbst wenn die Staaten ihre Klimaschutzzusagen einhalten, steuert die Erde auf eine Erwärmung um etwa 3 Grad zu. Es ist also notwendig, die Ziele nachzuschärfen, das ist im Abkommen auch vorgesehen. Es werden aber weiter riesige Kohlekraftwerke geplant und gebaut. Entwicklungs- und Schwellenländer wollen wirtschaftlich und beim Lebensstandard nachholen. Deswegen müssen die Industrieländer größere Beiträge leisten.

Was muss für das 1,5-Grad-Ziel getan werden?

Im Kern muss die Menschheit den CO2-Ausstoß bis 2030 um 45 Prozent senken, bis 2050 sogar auf null bringen. Auch die Mengen an Methan etwa aus der Rinderzucht sowie an anderen Treibhausgasen sollten drastisch sinken. „Dazu müssen fast alle Bereiche des Lebens umgekrempelt werden. Wie wir wohnen, essen, uns fortbewegen, was wir konsumieren“, mahnt Niklas Höhne von der niederländischen Universität Wageningen. „Technische Lösungen allein werden nicht ausreichen, wir müssen unser Verhalten ändern.“ Viele Forscher gehen davon aus, dass der CO2-Ausstoß nicht auf null zu bringen ist. „Es bleiben bei allen Anstrengungen immer Restemissionen in der Industrie oder dem Verkehr“, sagt der Direktor des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung, Ottmar Edenhofer.

Wie sieht es in Deutschland aus?

Die Bundesrepublik hängt ihren Zielen hinterher – dem nationalen Klimaschutzziel für 2020, aber auch bestimmten verbindlichen EU-Zielen. Zwar kommen 35 Prozent des Stroms aus erneuerbaren Energien wie Wind und Sonne, aber viel auch weiter aus Kohlekraftwerken. Wann die vom Netz gehen sollen, darüber verhandelt gerade eine Kommission aus Klimaschützern, Politik und Wirtschaft. Ende des Jahres soll sie ein Ergebnis vorlegen. Auch über eine Reduktion des CO2-Ausstoßes im Verkehr beraten Experten gerade. 2019 soll das erste Klimaschutzgesetz kommen.

Und in der Europäischen Union?

Die EU-Staaten haben im Rahmen des Paris-Abkommens gemeinsame Ziele vorgelegt. Die sollen planmäßig 2020 nachgeschärft werden. Derzeit gibt es viel Kritik daran, dass einige Staaten nicht schon im Dezember zur Klimakonferenz im polnischen Kattowitz ehrgeizigere Ziele beschließen wollen. Um den Klimaschutz geht es auch in der hitzig geführten Debatte um strengere CO2-Grenzwerte für Autos in der EU, darüber wollten die EU-Umweltminister am heutigen Dienstag in Brüssel verhandeln.

Wo gibt es Lichtblicke?

Die Technik ist vorhanden, allein der politische und gesellschaftliche Wille fehlt, beklagen Experten. „Erneuerbare Energien drängen Kohle aus Märkten wie Indien und China, was vor fünf Jahren niemand für möglich gehalten hätte“, sagt Niklas Höhne von der Uni Wageningen und nennt weitere Beispiele: „In nur fünf Jahren hat Norwegen Elektroautos zum neuen Standard gemacht, 50 Prozent der Neuanmeldungen sind elektrisch. Die erste Stahlproduktion ohne fossile Brennstoffe hat in Schweden ihren Betrieb aufgenommen.“ Und Zufall oder nicht – jetzt wurden zwei US-Ökonomen zu Wirtschaftsnobelpreisträgern gekürt, die zu sauberem Wachstum forschen. Teresa Dapp/Simone Humml

Der Weltklimarat: Analysen und Handlungsempfehlungen für die Politik

Der Weltklimarat (IPCC) ist das führende internationale Gremium zu wissenschaftlichen Fragen und Antworten rund um die Erderwärmung. Seit seiner Gründung 1998 veröffentlichte der Rat mit Sitz in Genf fünf große Sachstandsberichte und mehrere Sonderreporte zum Klimawandel. In die Papiere des Gremiums fließen die Erkenntnisse Hunderter Wissenschaftler zur Erderwärmung ein.

Die Dokumente geben Handlungsempfehlungen an die Politik und gelten als wichtige Grundlage für die internationalen Klimaverhandlungen. Meinungsunterschiede sollen in den Berichten benannt werden. Vor der Veröffentlichung werden die zentralen Aussagen mit Vertretern von Regierungen diskutiert. Ende 2007 erhielt der Rat zusammen mit dem Ex-US-Vizepräsidenten und Klimaaktivisten Al Gore den Friedensnobelpreis. In die Kritik geriet der Rat, als in den Berichten von 2007 fehlerhafte Prognosen über das Abschmelzen der Himalaya-Gletscher, die Bedrohung der Niederlande und Wassermangel in afrikanischen Ländern entdeckt wurden. Gegründet wurde der IPCC (Intergovernmental Panel on Climate Change) vom Umweltprogramm der Vereinten Nationen und der Weltorganisation für Meteorologie.

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