Lahnstein. Die geplante Aufhebung der Einbahnstraßenregelung in der Bergstraße hatte im Vorfeld der Ratssitzung für einige Unruhe gesorgt – und zur Bildung einer Interessengemeinschaft zur Verhinderung dieses Vorhabens geführt (unsere Zeitung berichtete). An der Debatte in der öffentlichen Stadtratssitzung nahm dann aber kein Vertreter dieser IG teil – was zu Kritik führte.
Die IG-Mitglieder, nach einigen Angaben sind es annähernd 70, um Sprecher Thomas Heinz hatten im Vorfeld nicht nur die Bürgersprechstunde von OB Peter Labonte besucht, sie schickten den Fraktionschefs und Beigeordneten auch ein persönliches Schreiben. Darin kritisieren sie, das Vorhaben sorge für „eine unnötige Stress- und Risikosituation“ und käme einem „Verkehrsinfarkt“ gleich. Einige der angeführten Kritikpunkte sind ...
- „mangelnde Parkflächen, die dazu führen, dass Eltern der Kinder des Waldorfkindergartens erhebliche Fußwege zurücklegen müssen.“ Gleiches gelte für Schüler der Musikschule Gunia.
- Fehlende Park- oder Haltemöglichkeiten am Friedhof.
- Die enge Kreuzung Bergstraße/Allerheiligenbergstraße sei ein Nadelöhr, in dem das Risiko besonders groß sei.
- Pflegedienste für ältere Mitbürger finden keine Parkplätze mehr.
- Im Eckhaus Bergstraße Nummer 12 ist die Haustür direkt an der Engpassstelle. Beim Betreten und Verlassen entstehe eine Gefahr für Kinder und Erwachsene.
- Trauergesellschaften, welche zur Beerdigung zum Friedhof über die Bergstraße gelangen, seien ebenfalls in Gefahr.
- Die Verkehrsbelastung der Bergstraße würde mit der Regelung um bis zu 50 Prozent gesteigert.
Die IG zeigt sich „fest entschlossen“, die Interessen der Betroffenen politisch einzubringen. „Dies sollte auch vor dem Hintergrund der anstehenden Stadtratswahlen berücksichtigt werden“, schreiben die Anwohner in Richtung der Politiker.
Gerade der letzte Satz sorgte für einigen Unmut – viele der Räte hatten das Gefühl, dass sie auf diese Weise unter Druck gesetzt werden sollten. Allen voran zeigte sich SPD-Fraktionschefin Gabi Laschet-Einig „tief enttäuscht“, wie sie erklärte. „Die Bürger haben uns gewählt, nehmen aber keinen Anteil an Ratssitzungen.“ Anwohner lehnten die Pläne zwar rigoros ab, wenn das Thema dann aber diskutiert werde, sei niemand da. „Wir entscheiden doch nicht für unseren Vorgarten – sondern für die Bürger unserer Stadt“, so Laschet-Einig.
Auch OB Labonte findet es „etwas schade, dass wir uns intensiv um Themen kümmern – und dann im Stadtrat vor drei, vier Zuschauern sitzen“, wie der Stadtchef kritisierte. Ganz allgemein zeigte er sich erschrocken über die Verrohung der Sitten – Aussagen wie „Entweder, ihr macht das so, wie wir wollen, oder wir wählen die AfD“ seien ihm gegenüber schon gefallen. „Nicht im Zusammenhang mit der Bergstraße“, stellte Labonte im Nachgang gegenüber unserer Zeitung klar.
Sieglinde Bornschier (SPD) gab zu, dass sich der Verkehr ohne die Einbahnstraße erhöhen wird – aber dafür würden andere Straßen wie Dr.-Michel- und wie Rheinstraße entlastet. „Belastung und Entlastung“, fasste sie zusammen. Lennart Siefert nannte die Argumente der IG „nicht sauber durchdacht“, Reiner Burkard (FBL) schlug in die selbe Kerbe – und kritisierte die angeführten erheblichen Fußwege. „Denn die Zeiten, wo jeder sein Kind mit dem eigenen Auto bis vor die Kita-Tür fahren kann, sind vorbei.“ Nur Jutta Niel (Grüne) mochte nicht in die allgemeine Schelte einstimmen. „Mich stören diese Beschimpfungen der Bürger, denn wir sind gewählte Mandatsträger.“ Ein Stück weit könne sie die Anwohner auch verstehen, sagte Niehl – und schlug vor, zum Schutze der Kita-Kinder gelbe Fußstapfen auf den Boden zu malen.
Von unserem Redakteur
Tobias Lui