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Bad Kreuznach

Dunkelziffer dramatisch hoch: Sind vor Weihnachten mehr Diebe unterwegs?

Von Christoph Erbelding
Schilder wie dieses im Müller-Drogeriemarkt sollen Menschen, die einen Ladendiebstahl planen, im besten Fall noch zur Räson bringen. Im Dezember hat das in Bad Kreuznach bislang in 13 Fällen nicht funktioniert. Foto: Christoph Erbelding
Schilder wie dieses im Müller-Drogeriemarkt sollen Menschen, die einen Ladendiebstahl planen, im besten Fall noch zur Räson bringen. Im Dezember hat das in Bad Kreuznach bislang in 13 Fällen nicht funktioniert. Foto: Christoph Erbelding

Im Dezember wird mehr eingekauft als in anderen Monaten. Die Winter- und Weihnachtszeit lässt das Shoppingfieber steigen. Aber: Mischen sich in Bad Kreuznach unter die vielen Kunden gleichzeitig auch mehr Ladendiebe als in den übrigen Monaten? Ein Blick in die Statistik zeigt: Die Werte sind hoch. Sie heben sich allerdings nicht von anderen Monaten ab.

Lesezeit: 3 Minuten
2017 wurden im Dezember 46 Ladendiebstähle in Bad Kreuznach zur Anzeige gebracht. Ein vergleichsweise hoher Wert. Der höchste Wert für das Jahr 2018 liegt aktuell bei 49 (Juli). Im September und Oktober 2018 waren es jeweils „nur“ 30. Im aktuellen Monat wurden bis zum 10. Dezember 13 Fälle wegen Ladendiebstahls ...
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Geklautes i-Phone und böse Folgen: Fotos im Netz lösen Welle von Hass aus

Bad Kreuznach. Nach einem Ladendiebstahl erstattet der Inhaber der Bad Kreuznacher „Fernsehzentrale“ Anzeige und veröffentlicht auf Facebook Fotos der Tat und damit der Täter, aufgenommen mit der Überwachungskamera. Was danach geschieht, schockt den Geschäftsmann: Das hat er nicht gewollt.

Die Täter laufen zielstrebig in den Laden. Hans Peter Kirchhof eilt ihnen hinterher. Der Chef der Fernsehzentrale in Bad Kreuznach hat an diesem Montag im Dezember extrem viel zu tun. So wie eigentlich an jedem Tag in der Vorweihnachtszeit. Er spricht die beiden Männer an. Sie haben sich zur Vitrine begeben, in der ein i-Phone der neuesten Generation ausgestellt ist.

Ob sie sich für das Handy interessieren? Nein, sie wollten sich eher Tastaturen anschauen. Einer von beiden hält sogar schon eine in Händen. Ein Vorwand, wie sich kurz darauf herausstellen wird.

Hans Peter Kirchhof lässt die beiden einen Moment aus den Augen. Er beantwortet die Frage eines anderen Kunden. Dann passiert es: Einer der Diebe stellt sich vor Kirchhof. Er versucht, ihm die Sicht zu versperren. Der andere greift zu und klaut das i-Phone XS mit 64 Gigabyte Speicher im Verkaufswert von 1150 Euro. Kirchhof sieht das sogar noch im Augenwinkel, kann die beiden Täter aber nicht mehr stoppen. Die Männer flüchten aus dem Laden.

Es ist ein Vorfall, wie er jedem Ladenbesitzer drohen kann. Kein Unternehmer im Einzelhandel ist gegen Ladendiebstahl gefeit. Klar ist allerdings, dass jeder Vorfall individuelle Prozesse in Gang setzen kann. In Sachen Verarbeitung, Aufklärung, Prävention. Der Diebstahl in der Fernsehzentrale ist einer von 13 Fällen, die in diesem Monat bis zum 10. Dezember in Bad Kreuznach angezeigt wurden. Und auch er erzählt seine eigene Geschichte.

Nachdem die beiden Täter den Laden verlassen haben, sichtet Kirchhof das Videomaterial, das seine Überwachungskamera aufgenommen hat. Sie hat ganze Arbeit geleistet. Die Täter sind klar zu identifizieren. Außerdem weiß Kirchhof natürlich, welche IMEI-Nummer dem gestohlenen Handy zugeordnet ist. Jedes Handy hat eine solche Nummer und kann anhand dieser gesperrt werden, nachdem es beispielsweise geklaut wurde. Die Täter können mit dem Gerät also recht schnell nichts mehr anfangen. Kirchhof veranlasst die Sperrung.

Der Ärger ist dadurch natürlich nicht komplett verraucht. Eine Versicherung gegen gewöhnlichen Ladendiebstahl gibt es nicht. Der Händler bleibt auf dem Schaden sitzen. In diesem Fall also auf der vierstelligen Summe. „Normalerweise liegen die Handys bei uns in einer verschlossenen Vitrine“, verrät Kirchhof. Die Fernsehzentrale hat allerdings nur wenige Smartphones im Laden vorrätig, denn die meisten Handybestellungen laufen über das Internet. Schließlich konzentriert sich das Kerngeschäft in der Bosenheimer Straße auf den Verkauf von Fernsehern.

Kirchhof erinnert sich daran, dass bereits Tage zuvor zwei Männer in seinem Laden waren, die gezielt nach i-Phones gefragt hatten. Es waren nicht die beiden Täter, die Tage später zuschlugen. Er geht aber davon aus, dass es sich um Mittelsmänner gehandelt hat, die das Geschäft auskundschaften sollten. Warum aber lag das i-Phone letztlich in der offenen Vitrine? Kirchhof erläutert: „Es kann im stressigen Alltag passieren, dass das i-Phone zu Zwecken der Präsentation aus der Vitrine genommen, wieder zurückgelegt und dann die Vitrine nicht abgeschlossen wird.“

Kirchhof erstattet Anzeige gegen unbekannt. Doch nicht nur das: Er veröffentlicht auf der Facebook-Seite der Fernsehzentrale Fotos der beiden Täter, aufgenommen mit der Überwachungskamera. „Das habe ich getan, weil auf den Videoaufnahmen der Diebstahl ganz klar zu sehen ist“, sagt der Unternehmer. „Ansonsten hätte ich die Bilder nie veröffentlicht.“

Dass die beiden Täter südländisch ausschauen, nehmen allerdings viele Facebook-Nutzer zum Anlass, sich in Kommentaren pauschal ausländerfeindlich zu äußern. Hans Peter Kirchhof löscht zunächst einzelne Kommentare, sieht sich dann aber gezwungen, den Beitrag sogar komplett zu entfernen. „Was da geschrieben wurde, ist eine Sauerei“, sagt Kirchhof – und findet diese allgemeinen Anfeindungen am Ende „noch schlimmer als den eigentlichen Vorfall“.

Von unserem Redakteur Christoph Erbelding
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