Hadamar

HELFT UNS LEBEN: Familie sucht nach Wohnungsbrand Bleibe – Zwischenwohnung ohne Fenster und Bad

Von Sabrina Rödder
Jennifer Reusch (von links) und ihr Partner Stefan Schneider müssen seit elf Wochen gemeinsam mit ihren drei Kleinkindern in einem einstigen Ladenlokal in der hessischen Stadt Hadamar hausen. Bei einem Brand in ihrer vorherigen Wohnung haben sie alles verloren. Hans Kary und Manuela Lewentz-Twer von HELFT UNS LEBEN wollen die Familie unterstützen und rufen dazu auf, dass sich Leute melden, die eine frei stehende Wohnung haben und diese der Familie für einige Zeit zur Verfügung stellen können.
Jennifer Reusch (von links) und ihr Partner Stefan Schneider müssen seit elf Wochen gemeinsam mit ihren drei Kleinkindern in einem einstigen Ladenlokal in der hessischen Stadt Hadamar hausen. Bei einem Brand in ihrer vorherigen Wohnung haben sie alles verloren. Hans Kary und Manuela Lewentz-Twer von HELFT UNS LEBEN wollen die Familie unterstützen und rufen dazu auf, dass sich Leute melden, die eine frei stehende Wohnung haben und diese der Familie für einige Zeit zur Verfügung stellen können. Foto: Sabrina Rödder

Passiert der Besucher die Haustür der Wohnung von Jennifer Reusch und Stefan Schneider, steht er gleich im Schlafzimmer. Oder ist es die Küche? Rechts in der Ecke liegt eine Matratze, links steht ein Kühlschrank. Als Wohnung möchte das Paar seine derzeitigen Zimmer, in denen es wohl oder übel leben muss, nicht bezeichnen. Denn die Wohnung ist eigentlich ein Ladenlokal mitten in Hadamar: keine Fenster, kein Bad, Leuchtstoffröhren als einzige Lichtquelle.

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Bis vor knapp elf Wochen wohnte das Paar mit seinen drei Kindern noch zwei Häuser weiter. Doch am ersten Märzwochenende kam es in dem Gebäude dort zu einem Brand aufgrund eines technischen Defekts an der Heizung. Von heute auf morgen verlor die fünfköpfige Familie praktisch ihr gesamtes Hab und Gut. Hier kommt HELFT UNS LEBEN (HUL), die Hilfsorganisation unserer Zeitung, ins Spiel. Vorsitzende Manuela Lewentz-Twer und Geschäftsführer Hans Kary besuchten die Familie, um sich ein Bild von deren Situation in der hessischen Stadt nahe des Rhein-Lahn-Kreises zu machen.

Wie prekär die Situation tatsächlich ist, wird schnell deutlich: Die 31-jährige Jennifer Reusch zeigt das einzige Waschbecken in der Wohnung. Um zu putzen, muss sie mit einer kleinen Schüssel nach und nach Wasser in einen Eimer umfüllen. Zum Spülen füllt sie Wasser in eine große Bütt. „Duschen und Wäsche waschen können wir zum Glück bei Bekannten“, sagt Jennifer Reusch und erklärt, dass sie überaus dankbar dafür ist, dass sie so viel Unterstützung von Freunden und der Familie bekommen hat.

So gab es auch eine Vielzahl an Leuten, die Kleidung und Kinderspielzeug gespendet haben. Denn 80 Prozent ihrer Habseligkeiten musste die Familie entsorgen. „Ein Nachbar hat uns einen Schrank geschenkt, der Besitzer der Kneipe nebenan hat uns Tische geliehen“, sagt Stefan Schneider, und Jennifer Reusch erzählt, dass auch die Villa Musica, eine Kindertagesstätte in Hadamar, die die drei Kinder besuchen, eine Spendenaktion gestartet hat. „Und ein Mann, der hier am Haus entlangkam, war so bestürzt von unserer Situation, dass er uns spontan 50 Euro gab“, sagt die 31-Jährige.

Diese Form der Ersthilfe beschreibt Manuela Lewentz-Twer als bemerkenswert, ermutigt die Familie aber zugleich: „Ihr Leben muss wieder lebenswerter werden. Jetzt ist der Punkt gekommen, an dem Sie herausgehen müssen, damit ihre Probleme weiter gelindert werden können.“ Den ersten Schritt dazu macht HUL: Manuela Lewentz-Twer und Hans Kary entschieden sich kurzerhand dazu, sofort Entlastung zu schaffen. „Kleiderschränke sowie Bettwäsche für die Kinder kann HELFT UNS LEBEN organisieren“, verkündete der HUL-Geschäftsführer die guten Neuigkeiten. Zugleich machen Manuela Lewentz-Twer und Hans Kary der Familie auch Hoffnung, dass sich womöglich der eine oder andere bereit erklärt zu helfen. „Es gibt doch bestimmt eine Familie hier in der Region, die euch für einige Monate aufnehmen kann – in einer frei stehenden Ferienwohnung zum Beispiel“, spricht die HUL-Vorsitzende der Familie Mut zu. Die Familie weiß weder, wie lang sie noch in ihrer jetzigen Wohnung leben kann, noch, wann sie in ihre alte Wohnung zurückziehen kann, die gerade saniert wird. „In der Zeit hat uns unser Vermieter hier zwischengeparkt“, sagt Jennifer Reusch und macht ihrem Ärger Luft, dass sie nicht glauben kann, dass der Vermieter wohl keine anderen Möglichkeiten der Unterbringung hatte. Auch eine komplett andere Wohnung hat die Familie bislang nicht gefunden.

Doch in der jetzigen Wohnung kann die Familie auf Dauer nicht bleiben, sind sich Jennifer Reusch und Stefan Schneider einig. „Wir haben ständig Leute in der Wohnung stehen, weil die denken, dass hier der Eingang zum Wettbüro sei“, sagt der 37-Jährige. „Aber die Tür muss ja immer offen stehen, damit wir Licht und frische Luft haben, und dann gaffen uns die Leute in die Bude.“ Mama Jennifer Reusch kocht für fünf Personen auf einem Zweiplattenkocher. Der steht in der provisorisch eingerichteten Küche, die wohl mal als Dunkelkammer eines Fotostudios diente, meint der Familienvater. In den Ecken sind unzählige Kisten mit Kleidung und Haushaltsgegenständen gestapelt; die wenigen Dinge, die nicht dem Brand beziehungsweise dem Qualm zum Opfer gefallen sind. „Bei dem Chaos hier und unter den gegebenen Umständen hält man es nicht lang aus. Die Situation ist so belastend für uns“, sagt die Familienmutter verzweifelt. Zum Glück seien die Kinder – eine dreijährige Tochter und Zwillinge im Alter von zwei Jahren – tagsüber im Kindergarten. Abends gehen sie oft spazieren. Erschwerend komme hinzu, so die 31-Jährige, dass bei ihrem Sohn vor Kurzem Epilepsie diagnostiziert wurde.

HELFT UNS LEBEN bittet um Spenden für die Familie. Die Bankverbindung lautet: HELFT UNS LEBEN, Sparkasse Koblenz, IBAN DE72.5705.0120.0000.0013 13, Betreff: Jennifer Reusch. Wer eine Unterkunft zur Verfügung stellen könnte, meldet sich unter Telefon 0261/892 470.

Von unserer Redakteurin Sabrina Rödder