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Koblenz

OB-Wahl in Koblenz: Wer gewinnt das Rennen um das Rathaus?

Von Ingo Schneider
Wem schenken die Koblenzer bei der Wahl des neuen Oberbürgermeisters ihr Vertrauen?  Foto: Ingo Schneider
Wem schenken die Koblenzer bei der Wahl des neuen Oberbürgermeisters ihr Vertrauen? Foto: Ingo Schneider

Bert Flöck gegen David Langner: So lautet das Duell der beiden großen Parteien im Rennen um das Rathaus – und das, obwohl beide Kandidaten gar nicht offiziell für CDU und SPD antreten. Baudezernent gegen Staatssekretär, jahrzehntelange Verwaltungslaufbahn gegen steile Polit-Karriere: Einer von beiden dürfte am Ende als künftiger Oberbürgermeister feststehen – wahrscheinlich nach einer Stichwahl am 15. Oktober. Was befähigt sie zum höchsten Amt der Stadt? Was spricht gegen sie?

Lesezeit: 5 Minuten
Bert Flöck ist zwar CDU-Mitglied, tritt aber als unabhängiger Bewerber an – möglicherweise ein taktischer Fehler. Ist doch die CDU-Zugehörigkeit bei der politischen Stimmungslage in Deutschland ein klarer Vorteil. So aber steht nur „Bert Flöck“ auf dem Wahlzettel – ohne Partei. Wobei Parteiämter und - funktionen in seiner Vita tatsächlich kaum ...
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Die Außenseiter: Für eine Überraschung gut?

Dass Bert Flöck und David Langner als Favoriten in die Wahl des neuen Oberbürgermeisters gehen, auch wenn sie nicht offiziell für ihre Parteien CDU und SPD antreten, steht außer Frage. Aber abschreiben darf man die beiden anderen nicht: Denn mit Hans-Peter Ackermann (Grüne) und Torsten Schupp (FDP) stehen zwei Politiker auf dem Stimmzettel, die so völlig anders sind als der Baudezernent und der Staatssekretär. In Koblenz bestens vernetzt und sehr bekannt. Für eine Stichwahl am 15. Oktober dürften die beiden sehr wahrscheinlich sorgen. Zwischen Flöck und Langner – oder ist für Schupp und Ackermann sogar mehr drin?

Hans-Peter Ackermann.
Hans-Peter Ackermann.
Foto: Sascha Ditscher

Hans-Peter Ackermann will mit seiner Kandidatur zumindest „ein Zeichen setzen“, wie er im Gespräch mit unserer Zeitung betonte. Grüne Positionen habe keiner der anderen Kandidaten vertreten, die Unterstützung eines anderen sei daher nicht infrage gekommen. Ohnehin ist es aber schlüssig, dass die Grünen mit einem eigenen Bewerber in den Wahlkampf ziehen, angesichts der starken Ergebnisse, die die Partei bei vergangenen Wahlen in Koblenz einfahren konnte. Erinnert sei nur an die Landtagswahl 2011, bei der Nils Wiechmann sensationell fast 23 Prozent erhielt. Im Moment stellen die Grünen die drittstärkste Fraktion im Koblenzer Stadtrat mit acht Mitgliedern – gar nicht mehr so weit entfernt von der SPD (14).

Fraktionschef Ackermann gehört zu den erfahrenen Kommunalpolitikern seiner Partei, blickt auf fast 20 Jahre Ratsarbeit zurück, gehört zu den prägenden Figuren der Koblenzer Grünen. Die „urgrünen“ Themen sind ihm wichtig, sie waren es, die ihn in die Politik gebracht haben. Und doch tritt er im Rat nicht überzogen ideologisch auf. Gerade in der Kommunalpolitik bewegt sich oft nichts ohne die pragmatische Suche nach Mehrheiten und praktikablen Lösungen – und Ackermann gilt auch bei den anderen Fraktionen als jemand, mit dem man sich konstruktiv auseinandersetzen kann.

Dabei kann er aber auch mal unorthodox im Auftreten sein. Hält Ackermann zum Beispiel die Haushaltsrede für seine Fraktion, wissen die Zuhörer nie, was sie erwartet. Während Redner anderer Parteien im Eiltempo durch eine lange Liste von Einzelpunkten fliegen, kam Ackermann in der Vergangenheit schon mal mit wenigen, gezielten Bemerkungen und einer Pointe aus – bevor er schmunzelnd das Rednerpult verließ. Und auch seine aktuelle Plakatkampagne, bei der er mit unterschiedlichen grünen Kopfbedeckungen zu sehen ist – passend zu den Themen von Verkehr bis Wohnungsbau –, zeigt, dass er sich selbst nicht bierernst nimmt. Seine politischen Ziele sehr wohl.

Ackermann ist Diplom-Betriebswirt und betreibt das Gasthaus „Zum Rebstock“ in Güls – kein Wunder also, dass er dort bekannt ist wie ein bunter Hund. Den Spitznamen „Wackeler“ hat er, wie das Gasthaus, von seinem Vater geerbt – eine Anspielung damals auf dessen markanten Gang. Leichen hat er, soweit bekannt, nicht im Keller, dafür aber eine Kegelbahn. Und zuzutrauen ist es ihm durchaus, dass er mit seiner Kandidatur die beiden Favoriten mehr als nur ein bisschen ärgern wird.

Torsten Schupp.
Torsten Schupp.
Foto: Ingo Schneider

Torsten Schupp hat seinen Spitznamen nicht geerbt, er hat ihn sich einfach selbst gegeben. Torty de Banana ist nicht nur sein Künstlername als Sänger, er ist auch Sinnbild dafür, woran sich Kritiker bei seiner Kandidatur reiben. Darf sich ein Torty de Banana, der Stimmungsmacher unzähliger Feiern, der Party-Einheizer vom bulgarischen Goldstrand, ernsthaft bei der OB-Wahl bewerben? Spaßsänger heißt gleichzeitig Spaßkandidat – ist es so einfach?

Die Vorhaltungen kamen umgehend und waren wenig überraschend. Zweifel an der Seriosität und Ernsthaftigkeit von Schupps Unterfangen wurden schnell laut. Seine ersten Ideen wurden mit ordentlich Häme verfolgt. Am Ende aber gelang es dem Karthäuser mit dem Vorschlag eines Seilbahnnetzes für Koblenz, den inhaltlichen Vorstoß zu machen, der den meisten Gesprächsstoff dieses Wahlkampfs lieferte. Als Spinnerei von manchem belächelt, weil noch nicht in den Details durchdacht – aber zumindest diskutiert. Und von den anderen Kandidaten in der Folge dankbar aufgegriffen.

Schupp ist Friseurmeister und Partysänger, DJ und Moderator – und Quereinsteiger in der Politik. Dort brachte er es vom Geschäftsführer der FDP-Fraktion 2009 zum Ratsmitglied, unterstützt von Ursula Schwerin, der langjährigen FDP-Chefin. Heute ist er Vorsitzender einer Zweier-Fraktion im Rat. Er ist bestens vernetzt durch seine Musik, durch den Karneval, durch sein Engagement etwa für den Kinderschutzbund. Wie bekannt er ist, zeigt ein gemeinsamer Gang durch Koblenz: Ständig wird er erkannt, wird auf seine Kandidatur angesprochen, besonders auf der Karthause. Dort ist er zu Hause, dort hat er seine ersten politischen Projekte verfolgt – wie die Realisierung des Jugend- und Bürgerzentrums. Und dort gibt sein Bruder die Stadtteilzeitung heraus. In deren Onlineumfrage zur OB-Wahl lag Schupp übrigens meist hinter Langner, aber vor Flöck und Ackermann. Wobei auch Schupp weiß, dass die Umfrage nicht wirklich repräsentativ ist.

Aber dass er es bis in die Stichwahl schaffen kann, davon ist Schupp ernsthaft überzeugt. Ein OB muss in seinen Augen kein Akademiker sein, muss nicht alles selbst wissen, solange er das Wissen guter Mitarbeiter in der Verwaltung anzapfen kann. Sich aber die Akzeptanz als Vorgesetzter zu erarbeiten, von Verwaltungsmitarbeitern, oft ausgewiesenen Experten ihrer Fachgebiete, bis hin zu altgedienten Amtsleitern, das dürfte für Schupp kein leichtes Unterfangen sein. „Einer von euch“: So beschreibt er sich auf seinen Wahlplakaten, so sieht er sich, so will er das Rathaus erobern. Wie viele Wähler sich davon angesprochen fühlen und ihn auf diesem Weg unterstützen wollen, wird der 24. September zeigen.

Eine Analyse von unserem Redaktionsleiter Ingo Schneider
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