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Windhagen

Ex-Fraktionschef packt aus: Agiert Erwin Rüddel als selbstherrlicher Autokrat?

Von Michael Fenstermacher

Es bebt an der Machtbasis des heimischen Bundestagsabgeordneten Erwin Rüddel, der CDU-Fraktion im Windhagener Gemeinderat. Der langjährige Fraktionsvorsitzende Axel Schülzchen hat nach einem Konflikt mit Rüddel seinen Rücktritt erklärt und legt sein Ratsmandat nieder – nicht ohne eine persönliche Erklärung abzugeben. Darin wirft er dem 62-Jährigen Selbstherrlichkeit, eine grobe Missachtung demokratischer Grundsätze und eine feindselige Einstellung gegenüber einem „regional bedeutsamen Unternehmen“ vor.

Lesezeit: 3 Minuten
Ausgangspunkt des Streits ist laut der Erklärung, von Schülzchen bei einer gemeinsamen Sitzung von Vorstand und Fraktion der CDU Windhagen abgegeben, die Aufstellung der CDU-Liste für die Wahl zum Ortsgemeinderat im kommenden Jahr. Am 10. April habe Rüddel ihm gesagt, dass „es künftig nicht mehr vorkommen werde, dass ein Rüddel ...
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Im Wortlaut: Die persönliche Erklärung von Ex-Fraktionschef Axel Schülzchen

Persönliche Erklärung von Axel Schülzchen zum Rücktritt als Vorsitzender der CDU Fraktion im Ortsgemeinderat Windhagen und zur Niederlegung des Mandats im Ortsgemeinderat vom 08.05.2018:

Ich gehöre dem Gemeinderat von Windhagen seit 1999 und damit seit nunmehr 19 Jahren an. Seit 2004 bin ich Vorsitzender der CDU-Fraktion im Ortsgemeinderat. Während der gesamten Dauer meiner Tätigkeit habe ich mich dabei immer darum bemüht, den Interessen aller Windhagerer bestmöglich gerecht zu werden. Dort, wo es unterschiedliche Auffassungen in der Sache gab, habe ich stets versucht, um die bestmögliche Lösung auf einer sachlichen Ebene zu ringen – ohne Menschen, die innerhalb oder außerhalb der CDUFraktion anderer Auffassung waren, deshalb persönlich anzugreifen oder mich gar bei der Entscheidungsfindung statt am größtmöglichen Wohl Aller an den Interessen Einzelner zu orientieren.

In den letzten Jahren habe ich leider feststellen müssen, dass ich damit offenbar ein anderes Verständnis von Kommunalpolitik habe, als Teile der Familie Rüddel. Ich hatte es, ebenso wie die Mitglieder der CDU-Fraktion und der anderen im Rat vertretenen Parteien, Anfang 2015 abgelehnt, der Aufstellung eines durch die Gemeindeleitung in Person des Ortsbürgermeisters eilig in den Rat eingebrachten Bebauungsplans zuzustimmen. Dieser Entwurf hätte eine sehr weitgehende und durch den Gemeinderat kaum zu beeinflussende Bebauung eines im Eigentum von Herbert Rüddel stehenden Filet-Grundstücks im Innerort zugelassen. Ich wurde daraufhin durch den Eigentümer gegenüber Dritten massiv und deutlich unterhalb üblicher Umgangsformen angegriffen. Auch nachdem ich mich in einer Vielzahl von teils stundenlangen Gesprächen dafür eingesetzt hatte, dass ein sog. vorhabenbezogener Bebauungsplan aufgestellt wurde, der einen planerischen Ausgleich zwischen den Interessen des Grundstückseigentümers und den Bedürfnissen des Ortsbilds mit sich brachte, hörten die persönlichen Beleidigungen nicht auf. Diese wurden dabei immer nur hinter meinem Rücken, aber nie im direkten Gespräch geäußert. Das galt auch, nachdem der Grundstückseigentümer dann von seinen eigenen Plänen, die in dem im Gemeinderat mit den Stimmen der CDU-Fraktion unterstützen vorhabenenbezogenen Bebauungsplan niedergelegt waren, Abstand nahm und die Gemeinde anschließend unter Berücksichtigung neuer Pläne des Grundstückseigentümers einen sog. angebotsbezogenen Bebauungsplan aufstellte. Offenbar missfiel dem Eigentümer dabei, dass ich in meiner Funktion als Vorsitzender der CDU-Fraktion auf Nachbesserungen an den Planungen gedrängt habe, um die geplante Bebauung dem Ortsbild anzupassen.

Ich war davon ausgegangen, dass nach der Verabschiedung dieses letzten Bebauungsplans wieder Sachlichkeit einziehen würde. Ich habe mich mit dieser Einschätzung massiv getäuscht. Die CDU Windhagen befindet sich in der vorbereitenden Phase der Aufstellung ihrer Kandidatenliste für die im Frühjahr 2019 anstehende nächste Kommunalwahl. Durch den Bruder von Herbert Rüddel, unseren Bundestagsabgeordneten Erwin Rüddel, ist zuletzt mehrfach gefordert worden, dass ich von der Partei nicht mehr für die nächste Wahl aufgestellt werde. Er erklärte, dass ansonsten niemand mehr von der Familie Rüddel, die derzeit 3 Ratsmitglieder stellt, kandidieren würde. Mir persönlich hat Erwin Rüddel ebenfalls am 10.04.2018 in einem Gespräch erklärt, dass „es künftig nicht mehr vorkommen werde, dass ein Rüddel gemeinsam mit einem Schülzchen im Gemeinderat sitze“. Als Begründung gab er an, dass ich seinem Bruder geschadet und nicht genug geholfen hätte, dessen Pläne für die Bebauung seines Grundstücks umzusetzen. Ich habe Erwin Rüddel daraufhin vorgeschlagen, die Mitglieder der CDU Windhagen entscheiden zu lassen, welchen Politikstil sie bevorzugen würden. Ich habe ihm angeboten, dass wir gegeneinander für einen bestimmten Listenplatz kandidieren sollten. Erwin Rüddel hat eine Kampfabstimmung abgelehnt und erklärt, dass, sofern ich auf dem vorgesehenen Listenplatz 3 kandidiere, er dafür Sorge tragen würde, dass außer ihm auch noch sieben bis acht andere Personen, die auf der 20 Plätze umfassenden Kandidatenliste stehen würden, ihre Kandidatur zurückziehen würden. Als ich dieses Verhalten als undemokratisch bezeichnete, erwiderte Erwin Rüddel, dass ich das so sehen könnte, dies aber nun einmal seine Vorgehensweise sei.

Wie sehr Erwin Rüddel seine Person in den Mittepunkt seiner Überlegungen und seines Handels stellt, musste ich dabei an einer anderen Stelle des Gesprächs erfahren. Ich hatte Erwin Rüddel am 10.04.2018 darauf angesprochen, dass er sich tags zuvor innerhalb unserer Fraktion abschätzig über ein regional bedeutendes Unternehmen geäußert hatte, dem ich seit vielen Jahren verbunden bin. Erwin Rüddel erklärte mir, dass er sich von einem maßgeblichen Repräsentanten dieses Unternehmens nicht genug beachtet fühle und das Unternehmen deshalb nicht mit seiner Unterstützung rechnen könne. Als ich hierauf antwortete, dass er doch kaum eine vermeintliche persönliche Spannung zum Anlass dafür nehmen könne, das gesamte Unternehmen mit rund 100 Mitarbeitern und seiner wichtigen Funktion für die Region abzustrafen, erklärte er mir wörtlich: „Ich bin DIE Person des öffentlichen Lebens im Kreis Neuwied. Wer mir nicht die nötige Beachtung und den nötigen Respekt entgegenbringt, der hat meine Unterstützung nicht verdient. Ich werde diesem Unternehmen vielmehr schaden, wo immer ich kann.“ Als ich auf diese Äußerung fassungslos reagierte und Erwin Rüddel entgegnete, dass er das doch wohl nicht ernstmeinen könne, sondern ich solche Äußerungen nur Autokraten wie Erdogan zutrauen würde, erwiderte er mir, dass er mit sich und seinem Handeln völlig im Reinen sei. Wörtlich sagte er: „Das ist die Gnade meines Alters und meines Erfolges. Ich bin völlig unabhängig und brauche nur noch das tun, was ich für richtig halte.“

Am 12.04.2018 fand eine Sitzung des Gemeinderats statt, an der Erwin Rüddel wieder einmal teilnahm (von den bisherigen 30 Ratssitzungen dieser Legislaturperiode war erst nur hat er nur an 11 Sitzungen teilgenommen). In einem Gespräch im Anschluss an diese Ratssitzung kritisierte Erwin Rüddel massiv, dass ich es als Fraktionsvorsitzender „zugelassen habe“, dass sich ein anderes gewähltes Mitglied unserer Fraktion im Gemeinderat kritisch zu dem von seinem Vater als Bürgermeister initiierten Rückschnitt von Sträuchern im sog. Hohlweg, der an das Grundstück von Herbert Rüddel angrenzt, geäußert habe. Auf meinen Hinweis, dass es das Recht eines jeden Mitglieds des Gemeinderats sei, seine Meinung zu äußern, erwiderte Erwin Rüddel, dass ich die Fraktion nicht im Griff hätte, ich die Äußerungen hätte unterbinden müssen und es solche „Alleingänge“ früher (gemeint war von 1999 bis 2004, als er Fraktionssitzender war) nicht gegeben hätte.

Mir ist nach diesen Gesprächen klar geworden, dass es offenbar unmöglich ist, eine an der Sache orientierte Politik für die Gemeinde zu betreiben ohne angefeindet zu werden, wenn man nicht der gleichen Meinung wie Erwin Rüddel und nicht bereit ist, Entscheidungen an den persönlichen Interessen seiner Familie zu orientieren. Ich war und bin indessen nicht bereit, anstehende Entscheidungen den persönlichen Belangen einzelner unterzuordnen.

Wenn ich meine Tätigkeit im Gemeinderat weiter fortsetzen und erneut kandidieren würde, so muss ich nicht nur eine interne Spaltung des Windhagerer CDU-Ortsverbands befürchten, sondern auch, dass alle diejenigen, mit denen ich verbunden bin, offenen oder subtilen Anfeindungen oder Schädigungen ausgesetzt sind. Alles das ist mir das Engagement im Gemeinderat, das ich mit erheblichem zeitlichen Einsatz neben meiner hohen beruflichen Belastung erbringe, nicht wert. Ich werde deshalb nicht mehr für den Windhagener Gemeinderat kandidieren. Dies bedeutet für mich allerdings auch zugleich, dass ich mein Mandat im Gemeinderat umgehend niederlege.

Ich weiß, dass es Personen geben wird, die mir nun vorwerfen, vor einer finalen Auseinandersetzung mit Erwin Rüddel „gekniffen“ zu haben. Ich bitte aber um Verständnis, dass es mir nicht wert ist, eine Spaltung der Windhagener CDU und weitere Kolateralschäden für Personen und Einrichtungen, denen ich verbunden bin, in Kauf zu nehmen, nur um am Ende ggf. Recht zu behalten.

Ich danke allen für ihre Unterstützung und Zusammenarbeit, mit denen ich in den letzten Jahren sowohl gemeinsam innerhalb meiner Fraktion wie auch über die Parteigrenzen im Gemeinderat hinweg in einer an der Sache ausgerichteten Arbeit viel für unsere Gemeinde bewegen und voranbringen konnte. Insbesondere Martin Buchholz, den ich als einen in jeder Hinsicht integren und sehr engagierten Vorsitzenden der Windhagener CDU und ersten Beigeordneten unserer Gemeinde kenne und schätze, wünsche ich für die vor ihm liegenden Aufgaben und Herausforderungen alles Gute.

Josef Rüddel hört als Windhagens Ortschef auf

Josef Rüddel, dienstältester Gemeindechef in Rheinlandland-Pfalz, strebt im kommenden Jahr keine weitere Amtszeit an.

Das hat der 93-Jährige bei der Sitzung von Vorstand und Fraktion der CDU Windhagen verkündet, wie sein Sohn Erwin Rüddel bestätigt. Ganz in den politischen Ruhestand will er allerdings nicht gehen. Für den Gemeinderat kandidiert er 2019 noch einmal. mif

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