Anwalt wollte für seinen Mandanten hinter Gitter: „Ich wäre freiwillig in Haft“

Anwalt Björn Clemens
Anwalt Björn Clemens Foto: privat

Im Neonaziprozess um das Aktionsbüro Mittelrhein gab es seit 2012 unzählige Anträge – Prozessbeteiligte schätzen, dass es deutlich mehr als 1000 waren. Den wohl ungewöhnlichsten Antrag stellte Anwalt Björn Clemens (49). Er beantragte am 17. Dezember 2013, anstelle seines Mandanten (29) die Weihnachtsfeiertage in Untersuchungshaft verbringen zu dürfen. Heute sagt er: „Wir hielten es für nicht überwiegend wahrscheinlich, dass das Gericht dem Antrag folgt. Aber wir hätten es getan, wir wären zwei Tage ins Gefängnis.“

Lesezeit: 1 Minute
Anzeige

Björn Clemens, der früher in der Partei Die Republikaner aktiv war und als Anwalt der rechten Szene gilt, verteidigt im Koblenzer Neonaziprozess einen der Hauptangeklagten. Er stellte seinen Antrag, als dieser seit 21 Monaten in Untersuchungshaft saß. Auf die Idee kam er durch einen Artikel über den britischen Offizier Robert Campbell, der im Ersten Weltkrieg in deutsche Gefangenschaft geriet und Kaiser Wilhelm II. darum bat, seine todkranke Mutter besuchen zu können. Kurios: Der Kaiser willigte ein, der Offizier erhielt Sonderurlaub und begab sich danach vereinbarungsgemäß zurück in die Gefangenschaft.

Als Clemens seinen Antrag stellte, bot sich ein weiterer Kollege als Ersatzhäftling an. Ein anderer schlug vor, seine Schwiegermutter zu schicken, damit sie statt seines Mandanten die Feiertage in Haft verbringt. Doch das Gericht lehnte sämtliche Anträge ab.

Clemens erklärt: „Es ging uns hauptsächlich darum, zu dokumentieren, für wie unangemessen wir die lange Haft hielten.“ Das Gericht entließ seinen Mandanten Anfang 2014 aus der Haft, drei Wochen nach dem Antrag.

Hartmut Wagner