Rheinland-Pfalz

Reaktion auf giftbelastete Eier: Aldi räumt Regale

Aldi nimmt alle Eier aus den Regalen Foto: picture alliance

In den Aldi-Filialen landauf, landab suchten die Kunden zuletzt vergeblich nach Eiern. Wo sonst Landvogt-Eier aus Bodenhaltung, zehn Stück für 1,09 Euro, oder aus Freilandhaltung, zehn Stück für 1,59 Euro, gestapelt waren, herrscht derzeit gähnende Leere. So war es bundesweit in den Aldi-Filialen.

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Angesichts des Skandals um giftbelastete Eier hat sich Deutschlands größter Discounter zu einem radikalen Schritt entschlossen. Er nahm alle Eier aus dem Verkauf, egal ob es einen Hinweis auf eine Belastung mit dem Schädlingsbekämpfungsmittel Fipronil gab oder nicht. In die Regale sollen demnach künftig nur noch Eier kommen, die negativ auf Fipronil getestet wurden.

„Wenn man merkt, dass die Verunsicherung der Kunden steigt, muss man reagieren“, begründete eine Sprecherin den Schritt. Außerdem soll damit sichergestellt werden, dass die Mitarbeiter nicht die Herkunft aller Eier in den Filialen aufgrund der Stempel überprüfen müssen. Das wäre nicht nur ein großer administrativer Aufwand gewesen, auch Fehler hätten sich einschleichen können.

Die anderen großen deutschen Handelsketten folgten dem radikalen Schritt des Discount-Marktführers zunächst nicht. Zwar hatten auch sie in den vergangenen Tagen schon verdächtige Eierchargen aus dem Verkauf genommen und den Warenbezug von betroffenen Höfen eingestellt. Alle Eier in den Läden zu entsorgen, schien ihnen dann allerdings doch unangemessen.

„Bei unauffälligen Beprobungen sehen wir keine Veranlassung, Ware kategorisch aus dem Verkauf zu nehmen“, hieß es bei Lidl. Und auch Rewe betonte, man sehe für einen solchen Schritt keinen Grund. Allerdings beobachte man die Entwicklung genau. „Sollten wir im Sinne unserer Kunden zu der Erkenntnis kommen, dass weitergehende Schritte notwendig werden, so werden wir entsprechend reagieren“, sagte der Leiter des Rewe-Qualitätsmanagements, Klaus Mayer. Edeka äußerte sich ähnlich und machte darauf aufmerksam, dass bei den Edeka-Eigenmarken bislang kein Fipronil nachgewiesen wurde.

Der Handelsriese wies zudem darauf hin, dass die Eier der Edeka-Eigenmarken ausschließlich aus Deutschland stammen. Bislang liege dem Unternehmen kein Nachweis von Fipronil darin vor. Lidl will künftig ebenfalls nur noch Eier von Lieferanten annehmen, die negativ auf Fipronil getestet worden sind. Aldi hofft, die Regale schon in den nächsten Tagen wieder auffüllen zu können – und zwar mit geprüft fipronilfreier Ware. Doch was ist mit anderen Produkten wie Hühnerbrust oder Hühnerschenkel? Was ist mit Produkten, bei denen Eier verarbeitet wurden, etwa Eiernudeln oder Mayonnaise? Die Reaktion auf solche Fragen fällt bei den Händlern zurückhaltend aus. Man stehe hier im Austausch mit den Behörden, heißt es lediglich.

Ein erster Hersteller ruft seine Produkte dann aber doch zurück: Das Unternehmen Neue Mayo Feinkost aus Lübeck nimmt sechs Salate aus dem Handel, für die Fipronil-Eier verarbeitet worden sein sollen. Geliefert wurden sie an Läden in Berlin, Hamburg, Niedersachsen, Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein.

Hinter vorgehaltener Hand heißt es zudem, dass das Problem etwa bei Hühnerfleisch wahrscheinlich längst nicht so groß sei wie bei den Eiern. Einfach deshalb, weil Masthähnchen ein viel kürzeres Leben haben als Legehennen und bei ihnen das Problem des Schädlingsbefalls deshalb viel geringer ist.

Bleibt die Frage, was nun mit den Legehennen geschieht. Schließlich ist ihr Fleisch mit dem Wirkstoff belastet. Die Produzenten haben nun drei Möglichkeiten, wie der niederländische Verband der Geflügelzüchter mitteilte: Die Hühner könnten notgeschlachtet werden, und das Fleisch wird entsorgt. Das ist Experten zufolge wohl das wahrscheinliche Schicksal für die Hennen, die älter und schwer belastet sind. Die Legehennen könnten aber auch auf Diät gesetzt werden. Wenn sie weniger Kalorien zu sich nehmen, verlieren sie Federn und Fett und damit auch Reste des Insektizids. Das Entgiften dauert nach Schätzung von Experten jedoch mindestens sechs Wochen. Bei Legehennen, in deren Eiern nur sehr geringe Spuren von Fipronil gefunden wurden, kann man auch einfach abwarten. Experten gehen davon aus, dass die Hühner dann ohne weitere Maßnahmen in etwa zwei Wochen wieder schadstofffrei sind.

Von Erich Reimann

Fipronil und seine Wirkungen auf den Menschen

Das in belasteten Eiern nachgewiesene Fipronil ist ein Breitspektrum-Insektizid. Es wird gegen Flöhe, Läuse, Zecken, Schaben und Milben eingesetzt, wie es beim Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) heißt. Zum Einsatz kommt das Mittel als Pflanzenschutzmittel oder in der Veterinärmedizin zum Schutz von Hunden. Eine Anwendung an lebensmittelliefernden Tieren ist aber nicht zulässig.

Vom bisher nach Messungen am stärksten belasteten Ei könnte ein Kind mit etwa 16 Kilogramm Körpergewicht knapp zwei Eier am Tag essen, um unter dem gesetzlichen Grenzwert zu bleiben, ein 65 Kilogramm schwerer Erwachsener sieben Eier. Nach dem Verzehr einer höheren Dosis sind nach Angaben des BfR Benommenheit, Übelkeit, Erbrechen, Unruhe und Schweißausbrüche möglich. Dies sei bisher aber nur in Tierversuchen festgestellt worden. Fipronil ist nach dem derzeitigen wissenschaftlichen Kenntnisstand nicht als krebserregend eingestuft. Das Kontaktgift wird durch Kochen oder Braten (bis zu 120 Grad über 20 Minuten) nicht abgebaut. Das BfR nimmt daher an, dass Lebensmittel, in denen belastete Eier stecken, genauso viel Fipronil enthalten wie die verarbeiteten Eier selbst.

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