Rhein-Hunsrück

Was beschäftigt junge Menschen im Rhein-Hunsrück-Kreis? Neue Serie widmet sich Themen der Generation Z

Von Jule Klein
Abitur
ILLUSTRATION - Eine Schülerin schreibt am 20.05.2015 in einem Klassenzimmer des Gymnasiums in Esslingen (Baden-Württemberg) den Buchstaben R des Wortes Abitur mit Kreide an die Tafel. Foto: Marijan Murat/dpa (zu dpa "Philologenverband fordert mehr Einsatz für vergleichbares Abitur" vom 18.07.2015) +++ dpa-Bildfunk +++

In einer Serie widmen wir uns jungen Menschen im Rhein-Hunsrück-Kreis und wollen von ihnen wissen: Was beschäftigt euch? Im ersten Teil geht es um die Frage „Abi, was nun?“ Unsere Reporterin hat nachgefragt.

Lesezeit: 5 Minuten
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Abi und was dann? Diese Frage stellen sich sicher einige der Abiturienten. In den vergangenen Wochen hat der diesjährige Abiturjahrgang seine Prüfungen beendet und wurde offiziell aus der Schule verabschiedet. Doch wie macht man weiter, wenn man seit 13 Jahren dem gleichen System und einem vorgegebenen Weg gefolgt ist? Wie geht die sogenannte Generation (Gen) Z, der alle zugerechnet werden, die zwischen 1997 und 2012 geboren wurden, mit ihren Zukunftsängsten um?

Für einige ist es eine Art Befreiung, und sie können nun endlich frei nach ihrem Willen entscheiden, was sie mit ihrem Leben anfangen wollen. Für andere wiederum ist es eine riesige Herausforderung, die vielleicht auch mit der Angst einhergeht, nicht zu wissen, wie man nun weiter machen soll. Denn heutzutage gibt es unglaublich viele Möglichkeiten, was man nach der Schule machen kann: Studium, Ausbildung, Gap-Jahr im Ausland, Freiwilliges Soziales Jahr, Praktikum und und und … Diese Auswahl kann schnell überfordern. Und dann kommt auch noch der Druck der Gesellschaft dazu. Die Frage, die sich die Abiturienten wohl am häufigsten in der 13. Klasse anhören dürfen, ist sicher diese: „Na, weißt du schon, was du nach der Schule machen willst?“ Und es gibt nur eine befriedigende Antwort darauf: „Ja, weiß ich.“

Doch was ist, wenn man es nun mal eben nicht weiß? Was ist, wenn man Angst hat, die falsche Entscheidung zu treffen, seine Interessen noch nicht kennt und einfach planlos ist? Oder wenn man die Entscheidung trifft, sich erst mal eine Auszeit zu nehmen, um zu reisen, neue Länder und Kulturen kennenzulernen und vor allem Erfahrungen zu sammeln? Dann wird diese Generation schnell mit der Aussage abgestempelt: „Die wollen immer nur Urlaub machen und wissen gar nicht, wie das richtige Leben in der Arbeitswelt funktioniert.“

Vier Abiturienten berichten

Im Folgenden kommen vier Abiturienten zu Wort, die alle unterschiedliche Pläne für ihre berufliche Zukunft haben und berichten, wie es ihnen ergeht und was ihre Vorhaben, aber auch wo ihre Ängste sind.

Feline Kaspers.
Feline Kaspers.
Foto: Jule Klein

Feline Kaspers (18 Jahre, Kastellaun) machte ihr Abitur am Herzog-Johann-Gymnasium (HJG) Simmern und möchte im Sommer ein Gap-Jahr als Au-pair in Kanada machen. Freundinnen in der Schule, die ein Auslandsjahr gemacht hatten, haben sie dazu inspiriert, selbst einige Zeit im Ausland zu leben. Die Erfahrungen, die dabei gesammelt werden, seien in ihren Augen Erfahrungen, die einem auch später im Berufsleben helfen könnten. Feline würde gern Grundschullehramt studieren und mit ihrem Job als Au-pair schon einmal testen, wie ihr die Arbeit mit Kindern liegt. Denn der Entscheidungsdruck nach dem Abi sei groß: „Man soll sich für etwas entscheiden, was man im besten Fall sein ganzes Leben lang machen soll, dabei weiß man nach 13 Jahren Schule vielleicht gar nicht, was das Richtige sein könnte.“ In ihren Augen ist es in solch einem Fall sinnvoller, sich erst einmal über diesen Punkt klar zu werden, statt mit etwas zu beginnen, was man dann abbricht oder womit man unglücklich ist.

Luca Lambio.
Luca Lambio.
Foto: Jule Klein

Es gibt natürlich auch viele, die wissen, was sie einmal beruflich machen möchten. Vielleicht zwar nicht schon seit der Grundschule, aber durch Zufälle und das soziale Umfeld bekommt so manch einer eine Idee. So auch Luca Lambio (19, Kirchberg) aus dem diesjährigen Abiturjahrgang der KGS Kirchberg. „Ich freue mich auf die Zeit, die jetzt kommt. Ich weiß, was ich machen will, und habe daher auch keine Angst“, sagt der 19-Jährige, der die Ausbildung zum selbstständigen Finanzmakler bereits während der Oberstufe gemacht hat. Eigentlich habe er nie etwas mit Finanzen am Hut gehabt und hätte sich auch vorstellen können, wie sein Vater Physiotherapeut zu werden. Doch durch die Inspiration durch einen Bekannten änderte sich sein Weg und nun weiß er, dass er in der Finanzbranche arbeiten will.

Jupin Asefi.
Jupin Asefi.
Foto: Jule Klein

Jupin Asefi (18, Nannhausen), Abiturient am HJG, weiß ebenfalls genau, was er machen möchte, und das schon seit dem Kindergarten. Er wird ab Oktober Medizin studieren. Auch er hat keine Angst vor dem, was nach der Schule kommt, kennt aber auch ehemalige Mitschüler, denen es anders geht: „Wenn die Lehrer einen gefragt haben, was man nach dem Abi machen möchte, haben die, die es schon wussten, selbstbewusst geantwortet und andere haben lieber nichts gesagt.“ Das Umfeld übe mit dieser Art von Frage Druck auf die Unsicheren aus.

Das bestätigt auch Katharina Friedrich (18, Kastellaun) und erzählt: „Es ist einem unangenehm, wenn man nach seinem Vorhaben gefragt wird und keinen festen Plan hat. Es verschlimmert die Angst nur noch und sorgt dafür, dass man sich schlecht fühlt.“ Dabei handele es sich meist nicht um das direkte Umfeld, sondern entferntere soziale Kontakte. „Plötzlich gibt dir jeder Tipps, fragt dich nach deinen Interessen und macht dir Vorschläge, was man doch machen kann. Das bringt einen nicht weiter.“

Katharina Friedrich.
Katharina Friedrich.
Foto: Jule Klein

Katharina Friedrich ist Abiturientin an der IGS Kastellaun. Die 18-Jährige ist sich noch unsicher, was sie nach der Schule machen möchte. Sie hat Pharmazie oder auch Architektur im Kopf, aber entschieden hat sie sich noch nicht. Was sie aber weiß ist, dass sie ebenfalls noch für einige Zeit ins Ausland gehen möchte. „Jetzt haben wir die Zeit dafür. Später mache ich es vielleicht dann nicht mehr“, sagt sie. Doch was danach kommt, ist noch unsicher. „Ich persönlich finde, dass die Schule uns nicht auf das Danach vorbereitet hat.“ Die Praktika in der Mittel- und Oberstufe seien sehr sinnvoll gewesen, um in bestimmte Bereiche reinzuschnuppern, aber das habe noch lange nicht ausgereicht, um sich festlegen zu können.

„Man bekommt eher über das familiäre und soziale Umfeld Inspiration für verschiedene Berufsfelder. Und wenn es in der Schule Berufsberatungen gibt, dann zeigen diese nur die Standardberufe wie Polizei, Arzt, Bürokaufkraft, Finanzamt, Lehramt“, erzählt sie. Doch es gebe so viel mehr. „Natürlich muss man sich auch selbst darum kümmern und damit auseinandersetzen. Aber die Schule soll aufs Leben vorbereiten, daher wäre es auch ihre Aufgabe, uns die Bandbreite an Möglichkeiten aufzuzeigen.“ Auf die Frage, ob damit auch Zukunftsangst einhergeht, war die Antwort deutlich: „Ja, definitiv. Man fühlt sich allein mit seinem Schicksal. 13 Jahre lang war das ganze Leben geplant, das Abi war immer das große Ziel, doch was danach kommt, ist oft ein großes Fragezeichen und kommt dann schneller als gedacht.“

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Worin sich alle einig sind, ist die fehlende Vorbereitung in Bezug auf Steuern, Finanzen, Versicherungen und generelle Bürokratie im Alltag. „Wir haben von so was keine Ahnung und sollen das dann alles plötzlich wissen, weil wir jetzt erwachsen sind“, meint Feline Kaspers. Katharina Friedrich und Jupin Asefi sind sich einig, dass man durch die unterschiedlichen Fächer und Themen in der Schule seine persönlichen Interessen finden und sogar noch vertiefen konnte, aber auch sie hätten sich etwas zum bürokratischen Alltag gewünscht. „Eine freiwillige Job-AG mit den wichtigsten Grundlagen wäre schon hilfreich gewesen“, meint auch Luca Lambio.

Dass die Abiturienten nicht erwarten können, dass die Schule sich um alles kümmert, sei ihnen bewusst. Sie haben durch ihr Umfeld oder eigene Initiative herausgefunden, was sie von nun an machen möchten – zumindest teilweise.

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