Kommentar: Der Landarzt ist nicht krank – er ist todkrank
In Rheinland-Pfalz soll es künftig eine Landarztquote für Medizinstudenten geben. Das Problem der medizinischen Versorgung ländlicher Regionen wird sie aber nicht lösen, denn sie ist einem alten Gesellschaftsbild verhaftet und verkennt eine Entwicklung: Der Landarzt ist nicht krank, sondern todkrank. Er ist nicht mehr zu retten.
Der Arzt lebt im Dorf, und wenn es zwickt, geht es um die Ecke in die Praxis. Man kennt sich, vertraut sich – meist seit Jahrzehnten. Die Landarztquote ist Spross dieser sozialnostalgischen Idee. Was sie verkennt: Der Onkel Doktor von Nebenan schuftet 60 Stunden pro Woche; ist selbstständig; zahlt Angestellte; kämpft mit der Bürokratie. Viele junge Medizinabsolventen bevorzugen ein Angestelltenverhältnis. Damit fahren sie in manchen Fachrichtungen finanziell nicht schlechter. Die Zukunft auf dem Land sind Gemeinschafts- und Genossenschaftspraxen oder medizinischer Versorgungszentren. Das ist weniger romantisch und verklärt. Es ist realistisch. Die Landarztquote wird sicher hier und da einen Abiturienten mit schlechterem Abschluss zum Medizinstudium verhelfen.
Doch auch ihre Wirkung ist keineswegs klar. Denn bisher ist sie neben der benannten Problematik auch eines: ein Politexperiment. Erste Erfahrungswerte sind aus Nordrhein-Westfalen zu erwarten – in elf Jahren. Die Patienten in Rheinland-Pfalz sollten sich bis dahin auf praktikablere Lösungen verlassen. Genossenschaften haben hier schließlich Tradition.