Plus

Dramatische Stunden: So liefen die Ermittlungen bei Rock am Ring

Wie konnten sich zwei Männer unter falschem Namen als Bühnenarbeiter auf das Festivalgelände von Rock am Ring schmuggeln? In dieser Frage wird das Landeskriminalamt (LKA) weiter ermitteln – rund um die dschihadistisch-salafistische Szene in Hessen. Nach dem Terroralarm vom Freitag stellen sich viele Fragen. Recherchen unserer Zeitung geben ersten Einblick in die brisante Lage, die sich der hoch sensibilisierten Polizei stellte und die erklärt, warum für rund 87.000 Fans unter anderem das ersehnte Konzert von Rammstein ausfallen musste.

Lesezeit: 3 Minuten
Donnerstagabend: Die Ermittlungen laufen an – eher per Zufall. An der B 9 in Koblenz werden drei Männer kontrolliert, die Namen notiert. Das aufmerksame Team der Funkstreife registriert, dass zwei Männer ein All-Area-Bändchen – also den Zugangsausweis fürs komplette Festivalgelände – am Arm haben. Später fällt auf, dass ihre Namen nicht ...
Möchten Sie diesen Artikel lesen?
Wählen Sie hier Ihren Zugang
  • 4 Wochen für nur 99 Cent testen
  • ab dem zweiten Monat 9,99 €
  • Zugriff auf alle Artikel
  • Newsletter, Podcasts und Videos
  • keine Mindestlaufzeit
  • monatlich kündbar
E-Paper und
  • 4 Wochen gratis testen
  • ab dem zweiten Monat 37,- €
  • Zugriff auf das E-Paper
  • Zugriff auf tausende Artikel
  • Newsletter, Podcasts und Videos
  • keine Mindestlaufzeit
  • monatlich kündbar
Bereits Abonnent?

Fragen? Wir helfen gerne weiter:
Telefonisch unter 0261/9836-2000 oder per E-Mail an: aboservice@rhein-zeitung.net

Oder finden Sie hier das passende Abo.

Anzeige

Rock am Ring: Lieberberg wettert gegen Muslime und Polizei [mit Video]

Nürburgring. Es sind Worte, die Rock-am-Ring-Veranstalter Marek Lieberberg nicht zurückholen kann – auch wenn er es vielleicht gerne würde. Stark gestikulierend teilt er am Freitagabend lauthals in einer hochemotionalen Wutrede vor Journalisten aus: gegen Polizei, Staatsanwälte – und Muslime.

„Ich bin auch der Meinung, es muss jetzt Schluss sein mit ,This is not my Islam and this is not my Shit and this is not my whatever.' Jetzt ist die Situation, wo jeder einzelne sich dagegen artikulieren muss. Ich möchte endlich mal Demos sehen, die sich gegen diese Gewalttäter richten. Ich habe bisher noch keine Moslems gesehen, die zu Zehntausenden auf die Straße gegangen sind und gefragt haben: Was macht ihr da eigentlich!“, ruft Lieberberg nur Minuten nach der Unterbrechung des Festivals wegen einer terroristischen Bedrohungslage den Journalisten zu. Von einem Teil erhält er später Applaus – ein absolut ungewöhnlicher Vorgang. Dass es in der Vergangenheit durchaus Proteste von Muslimen und deutliche Distanzierungen gab, spielt in dem Moment offensichtlich keine Rolle.

Doch damit ist Lieberberg noch nicht fertig. Es brodelt in dem Mann, dessen Festival im vergangenen Jahr wegen Unwetter mit Verletzten abgebrochen wurde – gegen seinen Willen. Und das nun unterbrochen ist – gegen seinen Willen. „Im Fall Amri haben Sie die Defizite gesehen. Es ist passiert. Jetzt wird sozusagen im vorauseilenden Gehorsam Rock am Ring geräumt. Gab es eine Explosion? Gab es einen Fund von Sprengstoff? Mir ist es nicht bekannt. Ich warte darauf“, wettert Lieberberg. Und es geht noch eine Nummer größer: „Wir haben einen Polizeiapparat, wir haben einen Verfassungsschutz, wir haben Geheimdienste, wir haben Staatsanwälte, wir haben Richter. Es ist an der Zeit, endlich mal aufzuhören mit lustig.“

Zum Schluss attestiert Lieberberg den Menschen, die im Sinne der Sicherheit das Festival unterbrochen haben, ein verheerendes Bild abzugeben: „Ist das jetzt das Ergebnis unserer wehrhaften Demokratie? Dass wir einfach die Dinge hinnehmen?“, fragt er und zieht sein Fazit: „Das Signal, das Deutschland heute sendet, ist ein katastrophales.“

Es ist ein Ausbruch, der auch zeigt, wie sehr die vergangenen beiden Festivaljahre wohl an Lieberberg genagt haben. 2015 muss er den ersten Tag in Mendig kurz vor Schluss abbrechen – bei Gewittern werden 33 Menschen verletzt. Ein Jahr später werden erneut bei Unwettern mehr als 70 Menschen teils schwer verletzt. Zum ersten Mal wird das Festival abgebrochen. Lieberberg will das nicht, wird aber überstimmt und zahlt hinterher den Fans Teile des Eintritts zurück. Und nun die Unterbrechung des Festivals.

Als am nächsten Tag klar ist, dass Rock am Ring weiter läuft, zeigt sich Lieberberg ruhiger. Er gibt eine schriftliche Erklärung ab, Rückfragen will er explizit nicht zulassen. Er verwehrt sich gegen den Zuspruch von „AfD und anderen populistischen Gruppierungen“ für seine Worte. „Meine Aussage richtete sich nicht gegen die große Mehrheit der friedlichen Menschen – egal welcher Couleur. Die Zeiten erfordern es allerdings, das wir – und zwar wir alle – uns deutlich positionieren und wehrhaft zeigen gegen jegliche Art von Gewalt und Fanatismus“, findet Lieberberg. „Alle gesellschaftlichen Kräfte – und zwar unabhängig von Nationalität, Herkunft, Religion und Weltanschauung – sind aufgerufen, einer solchen Bedrohung entgegenzutreten. Hierzu haben der Staat, seine Institutionen und jeder Bürger ihren Beitrag zu leisten.“

Von unserem Redakteur Markus Kuhlen

Meistgelesene Artikel