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Berlin

Unfälle wegen mangelnder Fahrtüchtigkeit: Werden Senioren am Steuer zum neuen Risiko?

Von Ursula Samary
Demografie im Straßenverkehr: Immer mehr Menschen sitzen auch im betagten Alter noch am Steuer. Erst recht, wenn die Generation der sogenannten Babyboomer älter geworden ist, wird die Zahl der Senioren im Straßenverkehr drastisch zunehmen. Das könnte zum Problem werden.
Demografie im Straßenverkehr: Immer mehr Menschen sitzen auch im betagten Alter noch am Steuer. Erst recht, wenn die Generation der sogenannten Babyboomer älter geworden ist, wird die Zahl der Senioren im Straßenverkehr drastisch zunehmen. Das könnte zum Problem werden. Foto: picture alliance

Diese Nachrichten lassen erschaudern: Das Auto einer 80-Jährigen überrollt in Bendorf einen Dreijährigen mit seinem Laufrad. Das Kind wird 18 Meter mitgeschleift, es stirbt. Im Spreewald fährt ein 81-Jähriger in eine Gruppe von vier Radlern. Sie werden lebensgefährlich verletzt. Eine Frau stirbt. In Hessisch Oldendorf verwechselt ein 88-Jähriger Gas- und Bremspedal. Zwei Fußgänger retten sich nur noch mit dem Sprung auf ein parkendes Auto.

Lesezeit: 5 Minuten
Solche Unfälle entfachen regelmäßig hitzige Diskussionen: Sollen Autofahrer ab einem gewissen Alter testen lassen, wie fit sie noch sind? Politiker halten sich mit solchen Forderungen zurück – die meisten Deutschen nicht: Nach einer Umfrage der „BamS“ waren zuletzt 70 Prozent der Bundesbürger dafür, die Fahrtüchtigkeit von Senioren regelmäßig zu prüfen. Was ...
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Forum: So lange wie möglich mobil bleiben und viel trainieren

Verpflichtenden Fahreignungstests für Senioren kann nur der Bund einführen. „Dennoch ist Rheinland-Pfalz aktiv“, sagt Verkehrsminister Volker Wissing (FDP). Sowohl er als auch Innenminister Roger Lewentz (SPD) plädieren nicht für Zwangstests, sondern für freiwilliges Training, um Kompetenzen zu stärken.

Deshalb gebe es über das rheinland-pfälzische Forum Verkehrssicherheit und die Verkehrswachten zum Beispiel mit „Mobil bleiben, aber sicher“ Fahrsicherheitstrainings speziell für die Zielgruppe der Senioren. Für dieses kostenlose Angebot wirbt auch Innenminister Lewentz. „Denn Mobilität ist in einem Flächenland für Senioren enorm wichtig.“ Trainiert wird mit dem eigenen Auto, um praxisnah zu erfahren, wie es in Extremsituationen – auch mit modernen Assistenzsystemen – reagiert. „Ich sehe gerade in der zunehmenden Ausrüstung von Fahrzeugen mit Spurhalte- oder Notbremsassistenten einen wichtigen Beitrag, um die Sicherheit massiv zu erhöhen – das betrifft Fahranfänger genauso wie Senioren oder Berufs- und Lkw-Fahrer“, sagt Wissing. Wie Projektbetreuer Dirk Hartenberger sagt, sind die Trainingsteilnehmer zwischen 70 und 85. Ziel ist es,sie über Theorie und Praxis so lange wie möglich mobil zu halten. „Je öfter man trainiert, desto länger ist man fit“, lautet sein Rat. Wenn sich Gruppen anmelden, lassen sich Kurse am besten organisieren. Keiner müsse Angst haben, den Führerschein zu verlieren. „Das ist nicht Sinn und Zweck der Sache.“

Weitere Infos im Internet unter www.vorbild-bleiben.de

Tausche Führerschein gegen Nahverkehrsjahreskarte

Biberach. Die Aktion kommt bestens an: Mehr als 120 Rentner haben in Biberach (Baden-Württemberg) seit Januar ihren Führerschein freiwillig abgegeben – und dafür gratis eine Jahreskarte für den Nahverkehr bekommen. „Das ist eine gigantische Zahl“, freut sich Christian Walz, der städtische Seniorenbeauftragte. „Mit einer solchen Resonanz haben wir nicht gerechnet.“

Wer in der 32.000-Einwohner-Stadt mindestens 65 Jahre alt ist, erhält das kostenlose Ticket „65plus“ für einen großen und bis Ulm reichenden Verkehrsverbund – vorausgesetzt, man lässt seinen Führerschein entwerten. Regulär kostet das Ticket 518,40 Euro, eine Partnerkarte gibt es vergünstigt. Im Tausch für den Führerschein fahren Rentner ein Jahr kostenlos. Wie das Seniorenbüro feststellt, sind die meisten Umsteiger im Alter zwischen Ende 70 und Ende 80. Die Kosten teilen sich die Stadt und das Verkehrsunternehmen.

„Das Ticket soll Anreiz sein, die Angebote zu testen und den Umstieg zu erleichtern“, sagt Walz unserer Zeitung. Nach dem Gratisjahr wüssten die Senioren dann, ob sie dieses Ticket weiter nutzen, um beispielsweise öfter mit dem Zug nach Ulm zu fahren. Wer nur noch in der Stadt unterwegs ist, kaufe sich eine günstigere Jahreskarte.

Die Aktion kommt so gut an, dass jetzt auch der Kreistag Biberach diskutiert, ob er dem Beispiel folgt, sagt Walz nicht ohne Stolz. Erfunden hat er es nicht, eher abgeschaut – beispielsweise von Ulm. Aber dort sei die Nachfrage längst nicht so groß wie im daher überraschten Biberach. Anders als im Kreis Waldshut habe es in Biberach zuvor keinen schweren Unfall gegeben – eher nur Blechschäden.

Grundsätzlich fällt es kaum jemandem leicht, sich vom Führerschein zu trennen, stellt Walz klar. Schließlich gebe man ein Stück Freiheit und Selbstständigkeit preis. Aber er hört auch viel Dank für die Aktion, die einem Senior „den letzten Anstoß gab“ oder einer Seniorin „viele teure Taxifahrten erspart“. Ursula Samary

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