Niederfell

Andersartigkeit soll nie wieder ausgegrenzt werden

Foto: Kührer Fürsorge GmbH

In einem Gedenkgottesdienst wurde im Herz-Jesu-Haus Kühr den Menschen gedacht, die den Novemberpogromen von 1938 zum Opfer fielen. Darunter waren neben jüdischen, auch Menschen mit Behinderung.

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Am Freitag, den 9. November, fand im Herz-Jesu-Haus Kühr eine Andacht zum Gedenken an die Novemberpogrome von 1938 statt. Vor genau 80 Jahren wurden in der Nacht vom 9. auf den 10. November im ganzen Deutschen Reich Synagogen und jüdische Friedhöfe zerstört. Geschäfte jüdischer Besitzer wurden überfallen und abgebrannt, Menschen jüdischen Glaubens wurden verhaftet und in Konzentrationslager gebracht.

Neben der Gewalt, die Menschen jüdischen Glaubens entgegengebracht wurde, töteten die Nationalsozialisten auch unzählige Menschen mit Behinderung. Diese schreckliche Zeit hat auch ihre Spuren in der Geschichte des Herz-Jesu-Hauses hinterlassen. Im Jahre 1943 wurden 150 Bewohnerinnen mit Bussen abgeholt und in Konzentrationslager gebracht. Unter ihnen waren vor allem sehr schwache Menschen, deren Leben von Nationalsozialisten als „lebensunwert“ beurteilt wurde. In den Tagen der Abtransporte versteckten sich Ordensschwestern mit Bewohnerinnen im Wald, um sie zu schützen. Sie ahnten, was mit den abgeholten Menschen passieren würde. Fünf der 150 Bewohnerinnen kehrten zurück ins Herz-Jesu-Haus. Vermutlich wurden sie von Verwandten gesucht und ausfindig gemacht. Drei von ihnen haben noch bis zum Anfang der 2000er Jahre im Herz-Jesu-Haus gelebt.

Die Andacht, die das Seelsorge-Team vorbereitet hatte, machte in Aufrufen zur Wachsamkeit deutlich, dass die schlimmen Ereignisse nicht ungeschehen gemacht werden können. Sie nahm die Anwesenden in die Pflicht, immer wieder darauf zu achten, ein Klima der gegenseitiger Annahme und des Wohlwollens zu schaffen, damit nie wieder Menschen wegen ihrer Andersartigkeit ausgegrenzt werden.

Es war ein sehr ergreifendes Gedenken, in dem an die grauenhaften Geschehnisse der Vergangenheit, an die getöteten und überlebenden Bewohnerinnen, aber auch an die verbleibende Verantwortung von uns allen gedacht wurde. Hausoberin Schwester Radegundis Ulberth betont: „So etwas darf nie mehr passieren.“