Koblenz

Das andere Leben: Demokratiekampagne hinterlässt tiefe Spuren

Die Mitglieder des Teams "Leitbild" bedanken sich bei den Künstlern für die beeindruckende Vorstellung.
Die Mitglieder des Teams "Leitbild" bedanken sich bei den Künstlern für die beeindruckende Vorstellung. Foto: Carina Frank

Die Lesung der Autobiographie von Solly Ganor an der Berufsbildenden Schule Wirtschaft in Koblenz löste sowohl Spannung als auch Nachdenklichkeit bei den Schülern aus.

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„Erinnern. fühlen – verstehen – handeln“ lautet das Motto der Demokratiekampagne „Das andere Leben“, die am vergangenen Dienstag, 6. November, in der Mehrzweckhalle der Berufsbildenden Schule Wirtschaft in Koblenz gastierte. Mit einer Vorstellung der besonderen Art reisen der Schauspieler Thomas Darchinger und der Musiker Wolfgang Lackerschmid durch Deutschlands Städte und inszenieren an Schulen die Lesung der Autobiographie „Das andere Leben“ von Solly Ganor. In dieser autobiographischen Erzählung erinnert sich der Autor an seine Kindheit als litauischer Jude in der Zeit des Nationalsozialismus. Er verliert die meisten seiner Familienangehörigen, Freunde, Lehrer und Bekannten und entgeht selbst immer wieder nur knapp dem eigenen Tod.

Als Darchinger zu sprechen beginnt, wirkt die Stimmung im Zuschauerraum gleichzeitig gespannt und bedrückt. Mit bewegenden Worten schildert der Schauspieler, wie die Kindheitsidylle des jüdischen Jungen Solly Ganor ein jähes Ende nimmt. Durch die authentische und bewegende Darstellung der Ereignisse werden die Zuhörer in den Bann der Geschichte gezogen und mit den brutalen und menschenverachtenden Taten der Nationalsozialisten konfrontiert. Darchinger schildert, wie Solly zusammen mit seiner Familie ins Ghetto getrieben wird und dabei zusehen muss, wie Freunde und Verwandte bei den grausamen „Aktionen“ der neuen Machthaber zur Vernichtung selektiert oder auf der Stelle ermordet werden.

In nachdenkliche Stille versunken, hören die zahlreichen Zuhörer, wie Thomas Darchinger mit wohl gesetzten Worten die Deportation der Familie in das Konzentrationslager Stutthof nachzeichnet. Außergewöhnlich für eine literarische Lesung ist die Begleitung durch den Musiker Wolfgang Lackerschmid, der mit seinen Zwischenspielen auf dem Vibraphon den Schülern Raum zum Nachdenken schafft. Die Künstler haben es dem jungen Publikum damit ermöglicht, sich in eine Zeit zurückzuversetzen, die sie allenfalls noch aus den Geschichtsbüchern kennen.

Oberstudiendirektorin Beate Kraemer, die Schulleiterin der BBS Wirtschaft, betont die Wichtigkeit solcher Veranstaltungen für den Bildungsauftrag der Schule: „Demokratie und Menschenwürde sind nicht nur die Eckpfeiler unserer Verfassung, sie sind neben dem fachlichen Unterricht in unseren Berufsschul- und Wahlschulklassen immer auch ein schulischer Auftrag.“ Ebenso ist sich das an der BBS Wirtschaft neu etablierte „Team Leitbild“ darin einig, aktuellen Gefahren für Demokratie und Menschenwürde im politischen Leben zu begegnen. Der jungen Generation konnten diese Bedrohungen speziell durch den besonders emotionalen Einblick in die Geschichte vor Augen geführt werden.

An der BBS Wirtschaft Koblenz wertet man das Projekt als Erfolg mit nachhaltiger Wirkung: Nicht nur die faszinierenden künstlerischen Leistungen von Darchinger und Lackerschmid haben die Teilnehmerinnen und Teilnehmer tiefgehend beeindruckt und nachdenklich werden lassen, auch die liebevolle und engagierte Vorbereitung der Veranstaltung hat einen positiven Einfluss auf das Schulleben. Diese wurde nämlich nicht nur von Lehrerinnen und Lehrern der BBSW Koblenz geleistet, sondern auch durch Schülerinnen und Schüler, in besonderer Weise durch die angehenden Veranstaltungskaufleute der Klasse VAK 16. Ihr Engagement zeichnete sich vor allem durch jede Menge kreative Einfälle, aber auch durch ihren professionellen Blickwinkel auf die Vorbereitung und Durchführung von Veranstaltungen aus.