Koblenz

Demokratie ist keine Selbstverständlichkeit

Elke Schlegel berichtete den Schülern aus ihrem Leben in der ehemaligen DDR.
Elke Schlegel berichtete den Schülern aus ihrem Leben in der ehemaligen DDR. Foto: Görres-Gymnasium Koblenz

Die DDR-Zeitzeugin Elke Schlegel berichtete Gymnasiasten von ihrem Leben in der DDR, ihrer Verhaftung und Inhaftierung.

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Gleich zu Beginn des Gesprächs machte Elke Schlegel deutlich, warum sie nicht in der DDR leben wollte: Es ging ihr darum, frei zu sein und in andere Länder reisen zu dürfen. Ihre Schilderungen machten deutlich, dass sie schon als Jugendliche eine streitbare Frau gewesen ist. So wollte sie ihren christlichen Glauben leben, auch wenn die staatlichen Repressionen darauf abzielten, die Entchristlichung der Gesellschaft voranzutreiben.

Weil Elke Schlegel 1983 dann einen Ausreiseantrag in die BRD stellte, sei sie politisch nicht mehr tragbar gewesen. Trotzdem ging sie bei den sogenannten „Stillen Protesten" in Jena immer wieder auf die Straße. Im Jahre 1984 wurde sie dann schließlich durch die Staatssicherheit verhaftet. Besonders schlimm sei für sie gewesen, dass sie ihren kleinen Sohn, zu dem sie in der folgenden Zeit der Inhaftierung keinen Kontakt haben durfte, bei ihrer Mutter lassen musste. Darauf folgten eine monatelange Untersuchungshaft in Gera und die Verurteilung zu einem Jahr und sechs Monaten Gefängnis im Frauenzuchthaus Hoheneck (Stollberg). Die Urteilsbegründung lautete: versuchte Republikflucht, landesverräterische Nachrichtenübermittlung und Beeinträchtigung staatlicher oder gesellschaftlicher Tätigkeit.

Die Beschreibung der traumatischen Erlebnisse war für Elke Schlegel und die Zuhörer emotional sehr berührend. So setzte ihr sehr zu, dass die politischen Gefangenen zusammen mit Kriminellen inhaftiert waren und diesen damit gleichgestellt wurden. Während ihrer Haftzeit erfuhr sie sexuelle Bedrängung, fehlende Privatsphäre, eine schlechte Versorgung mit Nahrung und psychischen Druck durch die Gefängniswärterinnen sowie den Arbeitsdienst, bei dem sie Strumpfhosen zusammennähen musste.

Die Erinnerung an den Zwangsarbeitsdienst kam später in der BRD abrupt und unerwartet hoch, als sie einmal in einem Kaufhaus Strumpfhosen einer bestimmten Firma wiedererkannte, die sie und andere DDR-Häftlinge hergestellt hatten. Gesundheitlich hatte ihr die Inhaftierung schwer zugesetzt: So magerte sie stark ab und brach zusammen. Doch dies bedeutete auch ihre Rettung und so wurde sie 1984 wegen Haftunfähigkeit durch die Bundesrepublik freigekauft. Schlegel erinnert sich, wie bei ihrer Entlassung die unterschwellige Drohung geäußert wurde, dass, auch wenn die Ampel grün sei, man trotzdem nicht sicher sein könne, dass man nicht doch überfahren werde.

Betroffen hörten die Schüler zu, als sie die Gedanken und Gefühle während der Busfahrt in die BRD schilderte, die einerseits von Erleichterung, andererseits aber auch von großer Trauer und Schmerz geprägt waren, da sie ihren Mann und vor allem ihren Sohn zurücklassen musste. Lange musste sie glücklicherweise nicht alleine bleiben. Zuerst durfte ihr Mann Thomas ausreisen, ein Jahr später ihr Sohn. Die lange Trennung von ihrem Sohn Tony hatte allerdings zu einer Entfremdung geführt, sodass sie sich als Familie erst wieder annähern mussten.

Eindrücklich wies Schlegel die Schüler darauf hin, wie wichtig es sei, für die Demokratie einzustehen, die nicht als selbstverständlich angesehen darf. Das Unrecht, das vielen Bürgern durch die SED-Diktatur widerfahren ist, dürfe nicht in Vergessenheit geraten.