Neuwied

Was die Diakonie Neuwied fordert: Wohnortnahe Schwangerenberatung im Fokus

Die Diakonie Neuwied bietet viele Hilfen für Schwangere und werdende Eltern an, auch im Zuge einer möglichen Abtreibung.
Die Diakonie Neuwied bietet viele Hilfen für Schwangere und werdende Eltern an, auch im Zuge einer möglichen Abtreibung. Foto: Utz Ebertz

Ein Schwangerschaftsabbruch in den ersten zwölf Wochen sollte nicht mehr grundsätzlich strafbar sein. Zu diesem Ergebnis kommt die von der Ampelkoalition eingesetzte Expertenkommission. Darauf machen die Gemeinsamen Diakonischen Werke Rheinland-Süd am Standort Neuwied aufmerksam.

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Die Diakonie Neuwied schreibt in ihrer Pressemeldung, dass die Fachleute betonen: „Die grundsätzliche Rechtswidrigkeit des Schwangerschaftsabbruchs in der Frühphase der Schwangerschaft ist nicht haltbar.“ Fachleute würden daher eine Gesetzesänderung vorschlagen.Die Schwangeren- und Schwangerschaftskonfliktberatungsstelle der Gemeinsamen Diakonischen Werke begrüßt diese Feststellung. Eine Entkriminalisierung sei notwendig, damit Frauen ihr Recht auf sexuelle und reproduktive Selbstbestimmung haben.

Wann eine Abtreibung erlaubt ist

Bisher bleibt der Schwangerschaftsabbruch nur unter besonderen Bedingungen straffrei, und zwar, wenn das Leben der Schwangeren gefährdet ist, wenn sexuelle Gewalt vorausgegangen ist, wenn der Abbruch innerhalb der ersten zwölf Wochen erfolgt und die Schwangere mindestens drei Tage vorher eine Schwangerschaftskonfliktberatung aufgesucht hat. Die Expertenkommission spricht sich aber auch außerhalb dieser Beratungsregelung für ein „flächendeckendes, niedrigschwelliges, barrierearmes und vielsprachiges Beratungsangebot“ aus, das Frauen kostenlos zur Verfügung steht.

Die Diakonie Deutschland positioniert sich ebenfalls gegen eine Pflichtberatung zur Aufhebung der Straffreiheit, plädiert aber für den Erhalt und Ausbau eines umfassenden Beratungsangebotes. Der Schutz des Lebens sollte dabei über eine Entstigmatisierung sowie über Prävention und Aufklärung, nicht über das Strafgesetzbuch geregelt werden.

So bewerten die Beraterinnen in Neuwied die Lage

Die Beraterinnen der Schwangerenberatung der Diakonie in Neuwied sehen in der Konfliktberatung weiterhin einen wichtigen Baustein, auch wenn die Beratungspflicht mit einer Gesetzesänderung wegfallen sollte. Sicherzustellen sei aber vor allem, dass die Schwangerschaftskonfliktberatung weiterhin auch von Frauen als ein unterstützendes und notwendiges Angebot im Prozess einer äußerst schwierigen und auch belastenden Entscheidungsfindung wahrgenommen wird.

„Das vertrauliche, professionelle Gespräch ist aus unserer Erfahrung vielen Frauen eine bedeutende Hilfe. Nach dem Motto ,Mit der Frau, nicht gegen sie' unterstützen die speziell qualifizierten Diakonie-Beraterinnen die Frau im Schwangerschaftskonflikt“, schreibt die Neuwieder Diakonie. Unverzichtbar sei ein rechtlich abgesichertes, niederschwelliges, wohnortnahes, flächendeckendes, kostenfreies und qualifiziertes psychosoziales Beratungsangebot für Schwangere und ihre Partner, wie es bereits heute als Rechtsanspruch im Schwangerenkonfliktgesetz verankert ist.

Auch Ärzte fehlen

Die Frage nach Ärzten, die einen Abbruch vornehmen, ist ebenfalls oft Thema der Beratung. Denn in Stadt und Kreis Neuwied findet sich derzeit kein Arzt mit diesem Angebot. Die Frauen müssen häufig eine längere Fahrzeit in Kauf nehmen. Hierzu geben kürzlich veröffentlichte Ergebnisse der Elsa-Studie (ein vom Bundesgesundheitsministerium gefördertes Forschungsprojekt mehrerer Hochschulen zur Lebenssituation ungewollt Schwangerer und zum Thema Schwangerschaftsabbrüche) Aufschluss.

Die Versorgung in Rheinland-Pfalz ist laut Diakonie Neuwied relativ schlecht: in acht Landkreisen leben Menschen außerhalb einer angemessenen Erreichbarkeit zum nächsten Angebot für einen Schwangerschaftsabbruch, das heißt mehr als 40 Autominuten entfernt. Dieses Ergebnis wird nur noch von Bayern mit 43 Kreisen getoppt. Die Finanzierung über die Krankenkassen ist bisher nur in finanziellen Notlagen möglich, könnte zukünftig nach einer Gesetzesänderung aber zur Kassenleistung werden.

Ein Argument der Kritiker gegen die Entfernung aus dem Strafgesetzbuch ist, dass eine solche Streichung Frauen insgesamt zu Abbrüchen animieren könnte. Dies sehen die Beraterinnen der Diakonie in der Gesamtheit allerdings zunächst nicht so. Es sind, wie auch in der Elsa-Studie bestätigt, in der Regel Ausnahmesituationen, in denen die Frauen sich befinden und so in einen persönlichen Konflikt geraten. „Kaum eine Frau macht sich die Entscheidung leicht“, ist das Fazit der drei Neuwieder Beraterinnen.

Die Mitarbeiterinnen der Diakonie bieten täglich neben der Sozialberatung für werdende Eltern die Möglichkeit für Konfliktgespräche an, sodass Wartezeiten vermieden werden können. Die Beratung erfolgt ergebnisoffen und auf Wunsch anonym. Termine können unter Tel. 02631/392 20 vereinbart werden oder per E-Mail an sekretariat@diakoniehilft.de