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Bad Kreuznach

80.000 Euro aus der Stiftung Denkmalschutz: Dicker Zuschuss für Sanierung des Bad Kreuznacher Brückenhauses

Robert Sommer von Deutschen Stiftung Denkmalschutz (von links), überreicht den Scheck an die Brückenhaus-Macher Dunja Endemann, Klaus Endemann, Architekt Sandro Ferri, Diana Endeman und Fabian Liesenfeld. Rechts: Hartmut Emrich von Lotto Rheinland-Pfalz.  Foto: Marian Ristow
Robert Sommer von Deutschen Stiftung Denkmalschutz (von links), überreicht den Scheck an die Brückenhaus-Macher Dunja Endemann, Klaus Endemann, Architekt Sandro Ferri, Diana Endeman und Fabian Liesenfeld. Rechts: Hartmut Emrich von Lotto Rheinland-Pfalz. Foto: Marian Ristow

Seitlich im Erdgeschoss komplett geöffnet, quasi bis auf die Knochen ausgezogen und vollständig entkernt, präsentiert sich das Brückenhaus mit der mehr oder weniger historischen Kanonenkugel den Passanten auf der Mühlenteichbrücke. Die Sanierungsarbeiten an dem mehr als 400 Jahren alten Fachwerkbau sind derzeit in vollem Gange. Der „Oeffentliche“ berichtete mehrfach über die äußerst komplexe Instandsetzung des Wahrzeichens.

Lesezeit: 2 Minuten
Nun gab es gute Neuigkeiten: Die Deutsche Stiftung Denkmalschutz (DSD) unterstützt im Rahmen der statischen Sicherung die Maurerarbeiten am Brückenhaus in Bad Kreuznach dank zahlreicher Spenden sowie der Erträge der Lotterie Glücksspirale mit exakt 78.319 Euro. Robert Sommer, Ortskurator Mainz der DSD, überbrachte vergangene Woche den dazugehörigen symbolischen Fördervertrag im ...
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Wahrzeichen von Bad Kreuznach auf der „Intensivstation“: So steht es um das Brückenhaus

Unzählige Menschen laufen täglich am Bad Kreuznacher Brückenhaus mit der historischen Schwedenkugel vorbei: Bad Kreuznachs prominenter Dauerpatient sieht eigentlich gar nicht so schlecht aus – zumindest von außen. Doch öffnet sich aber die Tür zu dem rund 400 Jahre alten Wahrzeichen, bekommt man Dinge zu sehen, die einem Sorge bereiten. Und das ist noch harmlos ausgedrückt.

Wo Eigentümer Klaus Endemann, der das Haus 2017 für gut 170.000 Euro aus Privatbesitz gekauft hat, hin will, ist inzwischen bekannt: Im Erdgeschoss soll Gastronomie die Brückenpassanten erfreuen, darüber werden zwei Ferienwohnungen eingerichtet. Circa 1,5 Millionen Euro wird das ambitionierte Projekt kosten. Bis Ende 2024 will man fertig sein.

Ein Wunder, dass es noch steht

Noch ist es ein langer Weg. Denn: Das Brückenhaus mit der Hausnummer 94 ist in desaströsem Zustand. Experte Sandro Ferri, Architekt mit Büro in Bad Kreuznach mit Erfahrung in der Sanierung historischer Bausubstanz, nimmt kein Blatt vor den Mund.

Damit das Fenster eingesetzt werden konnte, wurden tragende Holzbalken einfach abgesägt. Nicht der einzige Baufrevel am Brückenhaus.
Damit das Fenster eingesetzt werden konnte, wurden tragende Holzbalken einfach abgesägt. Nicht der einzige Baufrevel am Brückenhaus.
Foto: Marian Ristow

„Wäre das Haus kein Fachwerkbau, wäre es schon längst eingestürzt. Dass das noch nicht passiert ist, ist ein Wunder“, sagt Ferri. Und er muss es wissen. Er hat das „Alt Berlin“ am Eiermarkt und das Kunsthaus Becker in der Mannheimer Straße saniert. „Das galt früher als unlösbar, aber wir haben es hinbekommen“, sagt der 58-jährige Bad Kreuznacher. Er betont, dass es nicht um ihn ginge, sondern um das Brückenhaus, das Wahrzeichen der Stadt schlechthin.

„Rein rechnerisch kann das Gebäude nicht stehen. Aber es tut es.“

Sandro Ferri, Architekt

Und das hat bewegte – im wahrsten Sinne des Wortes – Zeiten hinter sich. Vor mehr als 400 Jahren als Behelfsbau auf der Brücke gebaut, veränderte sich das Haus im Laufe der Jahrhunderte. Meistens war im Erdgeschoss ein Ladengeschäft, oben drüber wurde gewohnt. Der Platzbedarf wuchs, das Haus mit seinen sechs Ebenen mit.

Sandro Ferri staunte nicht einige Male, als er sich durch die Historie des Brückenhauses arbeitete. Mit Porenbeton befülltes Fachwerk sieht man nicht alle Tage.  Foto: Marian Ristow
Sandro Ferri staunte nicht einige Male, als er sich durch die Historie des Brückenhauses arbeitete. Mit Porenbeton befülltes Fachwerk sieht man nicht alle Tage.
Foto: Marian Ristow

Gebaut wurde das Fachwerkhaus zwar fachmännisch, die steten Veränderungen wurden aber meistens dilettantisch vorgenommen. Hier eine eingerissene Wand, dort eine tragende Verstrebung, die man abgesägt hat, weil sie einfach gestört hat. Wenn es an Material gefehlt hat, hat man improvisiert. War nichts anderes zu Hand, so hat man die bröckelnde Decke mit einer Eisenbahnschiene verstärkt. Im Brückenhaus wurde in den vergangenen Jahren viel gewurschtelt. Ein Bautagebuch mit nachvollziehbaren Angaben? Science-Fiction. Für Ferri ein Abenteuer – mal wieder.

Skalpell ansetzen, Diagnose erstellen

„Zuerst macht man eine intensive Bestandsaufnahme. Damit fängt es an. Dann sieht man Dinge, die man nicht nachvollziehen kann und man beginnt das Haus zu öffnen“, erklärt Ferri. Die Analogie zu einer Operation am menschlichen Körper wird offensichtlich: Erst nachdem der Chirurg das Skalpell zum Schnitt angesetzt hat, hat er freie Sicht.“

So kennt man das Bad Kreuznacher Wahrzeichen: Das Brückenhaus mit der Nummer 94 verfügt über sechs Ebenen.
So kennt man das Bad Kreuznacher Wahrzeichen: Das Brückenhaus mit der Nummer 94 verfügt über sechs Ebenen.
Foto: Marian Ristow

Und was Ferri zu sehen bekam, gefiel ihm gar nicht. Die gesamte innere Stabilität des Hauses ist weg. Die innere Aussteifung, so nennte man bei Fachwerkhäusern das Konstrukt aus Gefache und Streben, ist teilweise stark beeinträchtigt. Sie trägt das Haus nicht mehr ausreichend. Dazu kommende faulende Holzbalken, zum Teil vom Hausbockkäfer befallen. Tragende Deckenbalken, deren Widerlager fehlen.

Ein Blick von ganz oben nach ganz unten. Das Brückenhaus ist alles andere als barrierefrei.
Ein Blick von ganz oben nach ganz unten. Das Brückenhaus ist alles andere als barrierefrei.
Foto: Marian Ristow

Wände, die sich nach unten bewegen, das gesamte Haus hängt durch. Viel hat man in der Vergangenheit an dem Bau falsch gemacht. So wurde nach dem Krieg die Bodenebene im Erdgeschoss zum Teil mit Beton gefüllt, um die sich verformende Decke auszugleichen. Das habe, so Ferri, den Druck und das Gewicht falsch verteilt. Eine Folge davon: Die mächtigen Auflager der Streben weisen Risse auf. Ein Glück: Im Erdgeschoss sind die mächtigen Eckpfeiler aus Eiche noch in gutem Zustand.

Das Mysterium der Statik

„Es ist statisch nicht nachzurechnen. Rein rechnerisch kann das Gebäude nicht stehen. Aber es tut es“, so Ferri. Als Statiker und Architekt bekommt da man Bauchschmerzen, allein vom Hinsehen. Für die Statik ist das Kölner Spezialistenbüro Schwab-Lemke beauftragt, das sich nur um denkmalgeschützte Bauten und Kirchen kümmert. Der Plan: Es wird sozusagen ein Stahlskelett eingezogen, das das Haus statisch absichert und trägt. Dieses Konstrukt wird im fertig ausgebauten Zustand nicht sichtbar sein. Die Holzbalken werden zwar erhalten, haben aber keine tragende Funktion mehr, bloß eine ästhetische.

Die Schichten der Jahrhunderte: Tapete über Tapete, manche auch handbemalt, bedecken das alte Fachwerk.
Die Schichten der Jahrhunderte: Tapete über Tapete, manche auch handbemalt, bedecken das alte Fachwerk.
Foto: Marian Ristow

„Herr Endemann ist gewillt, dieses Haus fachgerecht zu sanieren. Nur dauert das. Jeder Schritt ist mit der Unteren und Oberen Denkmalbehörde abgestimmt“, verweist Ferri auf die einzigartige Komplexität des Brückenhaus-Falles.

Jede Menge Aufbauspritzen

Doch nicht nur das Gebälk machte Sorgen. Auch die Wände. So musste der Sockel des Hauses mit 24 Tonnen speziellem Verpressmörtel verfüllt werden, das Nahewasser hat den Raum zwischen Innen- und Außenschale des zweigeschossigen Bruchsteinsockels vor allem durch die Hochwassern ausgewaschen. Der Patient Brückenhaus benötigte also Aufbauspritzen. Zuvor hatte man mehrere Kernbohrungen durchgeführt, um Zugstäbe einzubauen – dabei hat man festgestellt, was im Inneren los war.

Ein Blick von ganz oben nach ganz unten. Das Brückenhaus ist alles andere als barrierefrei.
Ein Blick von ganz oben nach ganz unten. Das Brückenhaus ist alles andere als barrierefrei.
Foto: Marian Ristow

„Vom Anspruch her ist es das schwierigste Projekt, mit dem ich mich je befasst habe“, stellt Ferri klar. Dass Ferri der richtige Mann dafür ist, da dürfte kein Zweifel bestehen.

Und jetzt? Anfang September gehts weiter: Wegen neuer Befunde für den Rückbau der Südwestwand musste eine neue Statik in Auftrag gegeben werden.

Das Brückenhaus mit der Anschrift Mannheimer Straße 94 ist das ältere der Wahrzeichen: Es wurde 1609 – so nimmt man an – für den Kramer Nikolaus Cartner errichtet. Die in der Fassade eingefügte Schwedenkugel ist wohl sein bekanntestes Detail, die bärtigen Wächterköpfe in den Fensterkonsolen sind weitere Gestaltungselemente. Die rückseitig überstehende Grundfläche wird von Holzknaggen abgestützt. Dass Brückenpfeiler mit Häusern bebaut wurden, war der damals grassierenden Platznot in der Stadt geschuldet. Das Brückenhaus befindet sich seit Sommer 2017 im Besitz des Binger Unternehmers Klaus Endemann. Während der Sanierung der beiden Brückenteile (Alte Nahebrücke und Mühlenteichbrücke) zwischen 2014 und 2018 wurde bei der Sanierung der Brückenköpfe entdeckt, dass die beiden klassischen Brückenhäuser Hausnummern 94 und 96 erheblich in ihrer Standfestigkeit beschädigt waren, so waren es erhebliche Schäden am Tragwerk, die man entdeckte. Unter anderem sind Balken gebrochen oder verformt und das Holz durch Schädlinge angegriffen. Die gesamte Statik ist funktionslos, das Haus ein Totalschaden. Die nötige Investitionssumme zur denkmalgerechten Restaurierung belief sich – vorsichtig gerechnet – auf mindestens 900 000 Euro, doch diese Zahl ist längt obsolet. Das Anfang des 17. Jahrhunderts errichtete Gebäude ist das älteste der architektonischen Kleinode über dem Mühlenteich. Seit den 1980er-Jahren stehen die vier Brückenhäuser unter Denkmalschutz. ri

Operation Brückenhaus macht Fortschritte: Sanierung des Kreuznacher Wahrzeichens läuft

Bad Kreuznach. Lange passierte nichts. Jetzt tut sich endlich etwas an dem Bad Kreuznacher Wahrzeichen des Brückenhauses.

Das ist auch von außen für Passanten auf der Alten Nahebrücke deutlich zu sehen. Ende September wurden an dem mehr als 400 Jahre alten Haus Mannheimer Straße 94 mit der berühmten Schwedenkugel in seinem Gebälk Gefache ausgebaut als Vorbereitung für den Austausch der tragenden Bauteile aus Holz und Stahl.

Gebäude mit Notabstützungen gesichert

Aktuell kann man durch das Brückenhaus hindurchsehen: Die vordere Fassade und die rückwärtige Holzwand im Erdgeschoss sind entfernt. Mit Notabstützungen wird das Gebäude gesichert. Das Projekt macht Fortschritte. Es ist aber ein kompliziertes Unterfangen. Und die fachgerechte Sanierung des unter Denkmalschutz stehenden Hauses ist teuer: Etwa 1,5 Millionen Euro wird es kosten; Ende 2024 will man fertig sein. Für den Rückbau der Südwestwand in Richtung Geesebrigg einschließlich des Neuaufbaus wurde zuletzt noch eine Anpassung bei der Statik benötigt. Da dies über einen Prüfer lief, dauerte es etwas länger.

Im Brückenhaus-Erdgeschoss prägen derzeit Notabstützungen das Bild. Foto: Harald Gebhardt
Im Brückenhaus-Erdgeschoss prägen derzeit Notabstützungen das Bild.
Foto: Harald Gebhardt

Seit Mittwoch werden nun voraussichtlich bis Ende der nächsten Woche wichtige statische Eingriffe im Erdgeschoss vorgenommen, so der Ausbau tragender Holzteile und der Einbau von Stahlträgern, erläutert der von Eigentümer Klaus Endemann beauftragte Architekt Sandro Ferri, ein Spezialist für die Sanierung historischer Fachwerkhäuser. In diesem Zeitraum dürfen sich keine fremden Personen unterhalb des Brückenhauses aufhalten. Weitere böse Überraschungen, was den Zustand des Gebäudes angeht, sind laut Ferri bislang zum Glück ausgeblieben.

Haus bekommt ein Stahlskelett

Die Holzwand an der Südwestseite des Gebäudes war so kaputt, dass sie komplett ausgetauscht werden musste. Die Fachwerkwand wird neu hergestellt. Ein Stahlkonstrukt wird eingezogen. Es fungiert quasi als Skelett, ist später aber nicht mehr zu sehen. Die Holzbalken besitzen aber keine tragende Funktion mehr, sondern haben nur noch ein ästhetische. An der Vorderseite zur Mannheimer Straße hin wird die Fassade zwei Seitenflügel bekommen – auch um einen besseren Zugang ins Gebäude zu ermöglichen. Das hänge aber auch mit der künftigen Nutzung im Erdgeschoss zusammen, erklärte Ferri. Darüber werde aktuell noch verhandelt.

Die Arbeiten im Erdgeschoss können nur schrittweise vorgenommen werden: Aktuell wird an zwei Dritteln des Bereichs gearbeitet, das verbleibende Drittel im hinteren Bereich in Richtung Schirmbar kommt dann dran.

Oeffentlicher Anzeiger
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